Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat am Montag die neusten Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität vorgelegt. Demnach seien die Fallzahlen im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen, befänden sich mit 4596 Straftaten aber noch immer über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt. Zurückzuführen sei der negative Trend insbesondere auf einen erheblichen Rückgang jener Fälle, die keinem Phänomenbereich zuzuordnen seien, sowie auf einen abgeschwächten Rückgang der linksmotivierten politischen Kriminalität von 703 auf 526 Fälle.

Einen Anstieg verzeichnet die Statistik derweil bei rechtsgesinnten Taten, die von 1844 auf 2313 angewachsen sind und damit im vergangenen Jahr den größten Phänomenbereich ausmachten. „Die größte Gefahr für den Rechtsstaat geht von rechter Gewalt aus“, erklärte die Innenministerin. In den allermeisten Fällen handelte es sich dabei um Propaganda oder Sachbeschädigung, wie Landespolizeipräsident Axel Brockmann erläuterte. In mehr als 1200 Fällen sei es um das Zeigen oder Anbringen von verfassungswidrigen Zeichen gegangen. Betrachtet man die politisch motivierte Gewaltkriminalität, rutscht die rechte Gesinnung mit 63 Fällen derweil auf den zweiten Platz hinter 73 Fälle, die sich nicht zuordnen lassen. 35-mal ging Gewalt von Linksgesinnten aus, 15-mal getrieben durch ausländische und sechsmal durch religiöse Motive.
Insgesamt sei festzustellen, dass die weltpolitische Lage sich deutlich auf die Statistik der politisch motivierten Kriminalität auswirke, betonte Behrens. Die Ministerin sagte, keine andere Statistik des Innenministeriums gebe so gut wieder, was in der Gesellschaft passiere. Dass die nicht zuzuordnenden politisch motivierten Straftaten im vergangenen Jahr so stark zurückgegangen seien – von einem Höchstwert von 2358 Fällen im Jahr 2022 auf immerhin noch 1268 Fälle –, erkläre sich beispielsweise damit, dass es keine bedeutenden Wahlen gegeben habe und dass die Zahl der Demonstrationen gegen die Corona-Politik an Bedeutung verloren hätten. Ebenso weltpolitisch beeinflusst sei hingegen der Anstieg bei den Straftaten, die mit einer ausländischen Ideologie begründet werden.

Seit der Erfassung dieses Motivtyps hat es noch nie so viele Fälle gegeben wie 2023, als insgesamt 402 Vorkommnisse erfasst wurden. Zu tun hätten diese vielfach mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, dem Nahostkonflikt und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Wie Brockmann erklärte, seien die Vorfälle in engem Zusammenhang mit Versammlungen zu diesen drei Themenbereichen erfasst worden. Allein 273 Fälle stünden in Zusammenhang mit dem Überfall der Hamas auf Israel und der israelischen Gegenoffensive. Brockmann erläuterte aber, dass sich diese Vorfälle auf den Zeitraum von Oktober bis Dezember beschränkten und gegen Jahresende abgeebbt seien. Im Bereich der religiös motivierten Kriminalität weist die Statistik neun Fälle aus, bei denen es um die Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen gegangen sei - wie etwa IS, Hamas oder Hisbollah. Deren Finanzierung oder die konkrete Vorbereitung eines Terroranschlags hätten eine Rolle gespielt.
Nach den jüngsten Übergriffen gegen Politiker im Wahlkampf steht die Gewalt gegen Amts- und Mandatsträger erneut im Fokus der Öffentlichkeit. In Niedersachsen sind 2023 insgesamt 445 solcher Fälle registriert worden, was einen leichten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (537) darstellt, womit aber dasselbe Niveau wie 2021 erreicht wird. Der überwiegende Teil sei keiner politischen Gesinnung zuzuordnen, 67 seien rechts- und 30 linksmotiviert, sieben Fälle einer ausländischen und drei einer religiösen Ideologie zuzuordnen. Die Innenministerin verweist auf ein Präventionskonzept, das ihr Haus seit 2019 verfolge und weiterhin fortsetze. Demnach sollen insbesondere vor den Kommunal- und Landtagswahlen die Kandidaten auf mögliche Angriffe vorbereitet und über Schutzmöglichkeiten informiert werden. Neben dieser „intensiven Beratungsarbeit“ erstelle das Ministerium fortwährend ein Lagebild, fertige jeweils Gefährdungsanalysen an und handle dann entsprechend. Ihr Ziel sei es nicht, jeden Wahlkampfstand mit einer Polizeieskorte abzusichern, betonte Behrens.