Behrens wagt den Schnitt: Polizeipräsidenten sind künftig keine politischen Beamten mehr
Knapp 20 Jahre nach der Einführung endet nun ein Kapitel in Niedersachsen: Die sieben Polizeipräsidenten, die sechs regionale und eine besondere Polizeidirektion im Lande leiten, sollen in Zukunft keine „politischen Beamten“ mehr sein – sondern Laufbahnbeamte. Das hat Innenministerin Daniela Behrens (SPD) am Mittwoch mitgeteilt.
Eine entsprechende Änderung des Beamten- und des Besoldungsgesetzes wird im Innenministerium vorbereitet und soll baldmöglichst im Kabinett und später im Landtag beschlossen werden. Der Schritt löste allgemeine Zustimmung aus, auch bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Gleichzeitig entschied Behrens drei offene Personalfragen: Zunächst wird die bisherige Polizeipräsidentin aus Göttingen, Gwendolin von der Osten, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Polizeipräsidenten in Hannover beauftragt.
Amtsinhaber Volker Kluwe geht Ende März in Pension. Die Leitung der dann vakanten Polizeidirektion Göttingen übernimmt vorläufig Tanja Wulff-Bruhn (bisher Referatsleiterin im Innenministerium). Da die Präsidentin der Zentralen Polizeidirektion, Christiana Berg, Ende März gesundheitsbedingt ausscheiden wird, soll dort der bisherige Vizepräsident Uwe Lange zunächst die Leitung übernehmen.
Der folgende Ablauf ist dann so geplant: Sobald das Beamtengesetz geändert ist, das könnte wohl frühestens im Mai oder Juni der Fall sein, werden diese drei Präsidentenstellen für Hannover, Göttingen und die ZPD ausgeschrieben. Die jetzt mit den Amtsgeschäften beauftragten Beamten könnten sich bewerben und hätten gute Chancen, aber es kann Mitbewerber geben. Am Ende entscheiden die Kriterien Eignung, Befähigung und Leistung. Der Dienstrang und die Beurteilung sind wichtige Auswahlkriterien. Aus diesem Grund hat Behrens am Mittwoch von der Osten, Wulff-Bruhn und Lange auch noch nicht vorgestellt, denn mit der geplanten Rechtsänderung ist noch nicht sicher, ob diese wirklich auf Dauer die neue Aufgabe erfüllen werden.
Besoldung der Polizeipräsidenten sinkt um eine Stufe
Als „politische Beamte“ konnten die Polizeipräsidenten bisher ohne langwieriges Auswahlverfahren berufen werden, Grundlage ist ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister. Sie konnten aber auch jederzeit ohne Begründung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden – was in der Zeit von Innenminister Boris Pistorius seit 2013 in drei Fällen auch geschehen war. Behrens sagte, mit der Rechtsänderung entfällt künftig diese Möglichkeit der Innenministerin, Polizeipräsidenten kurzfristig in den Ruhestand zu versetzen.
Das stärke die Unabhängigkeit der Polizei im demokratischen Rechtsstaat. Zugleich ließ sie erkennen, dass die alte Regelung gerade für junge Polizeibeamte unattraktiv war, denn das Risiko einer plötzlichen Ablösung mit Verzicht auf Rückkehr ins alte Beamtenverhältnis hätte abschreckend gewirkt. Da Laufbahnbeamte eine höhere Sicherheit der dauerhaften Besoldung hätten, solle diese mit der Rechtsänderung auch abgesenkt werden: Von B4 auf B3 bei sechs Polizeipräsidenten, von B5 auf B4 beim hannoverschen Polizeipräsidenten. Noch eine Anpassung ist vorgesehen: Die 17 der 31 Leiter der Polizeiinspektionen (in den Landkreisen), die noch A15 erhalten, sollen ebenso wie die anderen 14 künftig A16 bekommen.
Polizeipräsident Johann Kühme | Foto: PD Oldenburg Polizeipräsident Thomas Ring | Foto: PD Lüneburg Polizeipräsident Michael Maßmann | Foto: PD Osnabrück Polizeipräsident Michael Pientka | Foto: PD Braunschweig
Die Reform hat auch Konsequenzen für die vier Polizeipräsidenten, die in ihren Ämtern bleiben: Michael Pientka aus Braunschweig, Thomas Ring aus Lüneburg, Michael Maßmann aus Osnabrück und Johann Kühme aus Oldenburg. Sie sind alle schon über 60 und werden weiterhin nach B4 besoldet, müssen aber das Risiko einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nicht mehr befürchten. Sobald sie in den Ruhestand gehen, beginnt auch dort der Übergang zu den Laufbahnbeamten. Landespolizeipräsident Axel Brockmann soll indes „politischer Beamter“ bleiben, ebenso wie Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril.
Das Bundesverfassungsgericht prüft übrigens an einem Fall in NRW, ob es überhaupt angemessen war, die Polizeipräsidenten als politische Beamte einzustufen – denn der Charakter ihrer Aufgabe sei nicht dadurch geprägt, eine besondere Nähe zur politischen Führung zu haben. Falls in Karlsruhe ein Urteil fallen sollte, das auch für den Landespolizei- und den Verfassungsschutzpräsidenten Änderungen nahelegt, könnte das Nachbesserungen im Beamtengesetz auch an dieser Stelle erforderlich machen.
Vizepräsidenten werden installiert
Neue Polizeivizepräsidenten werden Thorsten Massinger (Hannover), Mathias Schröder (Göttingen) und Kathleen Arnold (ZPD). Der langjährige Vizepräsident der PD Hannover, Jörg Müller, soll im Ministerium ein Reformprojekt für die Polizei-IT bearbeiten. Gegen Müller liefen lange interne Ermittlungen, die jetzt aber eingestellt worden waren.
Keine Auswirkungen auf Landesbeauftragte
Laut Behrens gibt es bisher keine Pläne, die Statusänderung für politische Beamte auch auf die vier Leiter der „Ämter für regionale Landesentwicklung“ zu übertragen. Die Chance dazu wäre jedoch gegeben, wenn jetzt das Gesetz angepasst werden muss. Die Landesregierung hatte nach der Landtagswahl zwei Positionen neu besetzt – eine mit einer Beamtin mit SPD-Parteibuch, eine mit einer Angestellten mit Grünen-Parteibuch.
Dieser Artikel erschien am 16.03.2023 in der Ausgabe #049.
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