Der Fernverkehr von Hamburg nach Berlin wird umgeleitet und ist dann länger unterwegs. | Grafik: Deutsche Bahn

Wie gewonnen, so zerronnen: Nachdem der Regionalverband Großraum Braunschweig nach jahrelangem Ringen zum Jahresbeginn endlich den durchgehenden Halbstundentakt zwischen Braunschweig und Wolfsburg erkämpft hatte, werden die Uhren wieder zurückgedreht. „Faktisch fallen wir wieder auf den Stand vor dem Ausbau der Weddeler Schleife zurück“, kommentierte Verbandsdirektor Ralf Sygusch gestern die Auswirkungen der Generalsanierung der Bahnstrecke Hamburg-Berlin auf die Region. Die Baumaßnahme der Deutschen Bahn ist vom 1. August 2025 bis zum 30. April 2026 geplant und wird mit einer kompletten Streckensperrung verbunden sein. „Die Grundidee ist, einmal richtig zu sperren, damit wir möglichst effizient arbeiten können und die folgenden Jahre Ruhe haben“, erklärte DB-Programmleiter Wolfgang Weinhold das Prinzip der Generalsanierungen. Ab 2026 will die Bahn mindestens drei bis vier solcher Generalsanierungen pro Jahr durchführen, um das veraltete und überlastete Streckennetz auf Vordermann zu bringen. Auf der Strecke Emmerich–Oberhausen in Nordrhein-Westfalen macht das Unternehmen auf 73 Streckenkilometern gerade erste Erfahrungen mit dem neuen Sanierungsprogramm. Die Generalsanierung zwischen Hamburg und Berlin wird deutlich umfangreicher: 180 Kilometer Gleise, 200 Weichen und 28 Bahnhöfe sind betroffen. Weinhold bezifferte die Investitionskosten auf insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro. Auch während der Bauarbeiten sollen stündlich Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Berlin fahren, allerdings werden diese über Harburg, Lüneburg, Uelzen, Salzwedel und Stendal umgeleitet – die Reisezeit verlängert sich um 45 Minuten. Die Auswirkungen auf den Nahverkehr sind ebenfalls immens. Laut Weinhold wird „Deutschlands bislang größter Ersatzverkehr“ zum Einsatz kommen. „Wir brauchen ungefähr 170 Busse pro Tag. Um das fahren zu können, benötigen wir ungefähr 600 Fahrer – das ist ein mittelgroßes Stadtunternehmen“, sagte Weinhold. In Niedersachsen werden davon vor allem die Verbindungen zwischen Uelzen und Braunschweig (RB 47) sowie zwischen Uelzen und Stendal (RE 20) den Schienenersatzverkehr zu spüren bekommen. Dirk Altwig von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) lobte die von der Bahn geplante Lösung zumindest als „ausgesprochen durchdacht“. „Die Einschränkungen für die Fahrgäste dürften aus unserer Sicht zumindest erträglich sein“, sagte Altwig. Zwischen Braunschweig und Wolfsburg wird es laut Sygusch keinen Ersatzverkehr zum Ausgleich geben. „Der Bus wird wahrscheinlich erst da sein, wenn auch der nächste Zug ankommt“, sagte der Verbandsdirektor mit Blick auf die langen Fahrzeiten im Straßenverkehr. Sygusch geht davon aus, dass es auch bei der Generalsanierung Lehrte–Berlin zu Einschränkungen auf der Weddeler Schleife kommen wird. Diese ist von Februar bis Dezember 2027 vorgesehen. Ob in den wenigen Monaten zwischen den beiden Baumaßnahmen eine Rückkehr zum Halbstundentakt sinnvoll sei, könne er nicht abschätzen. „Ich nehme an, die nächsten ein, zwei Jahre werden wir die meiste Zeit im Stundentakt fahren.“ Auf der Strecke zwischen Braunschweig und Helmstedt (RB 40) wird laut Sygusch durch die Generalsanierung der „eine oder andere Verstärkerzug“ ausfallen. „Die Betroffenheit ist hier nicht ganz so groß“, so der Verbandsdirektor. Weinhold kündigte auch Auswirkungen auf den Güterverkehr an, der über mehrere Umleitungsstrecken ausweichen müsse – vor allem über Hannover, aber auch über Verden/Aller. „Teile des Netzes deklarieren wir als temporär überlasteten Schienenstrang“, sagte der Bahn-Manager. Dadurch will die DB sicherstellen, dass Güter-, Fern- und Nahverkehr hier gleichermaßen berücksichtigt werden.