Der niedersächsische Landtag gibt in der kommenden Woche das Startsignal für zwei wichtige, viele Menschen im Land direkt betreffende Gesetzesvorhaben – und beide sollen kurzfristig, noch in diesem Sommer, ihre Gültigkeit entfalten. Es geht um die Niedersächsische Bauordnung, die das Regelwerk für Neubauten und Umbauten umfasst, sowie um das Niedersächsische Kindertagesstättengesetz, das eine Antwort geben soll auf die Personalengpässe in den Kindergärten.
Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Grant Hendrik Tonne, spricht von zwei sehr wichtigen, zentralen Vorhaben der rot-grünen Koalition. Beide sind in relativ kurzer Zeit von wenigen Monaten konzipiert und dann mit einer zügigen Beratung in den Parlamentsgremien umgesetzt worden. Beide können auch unter die Überschrift „Vereinfachung und Erleichterung“ einsortiert werden – denn es geht in beiden Fällen darum, bisher starre und wenig flexible Regeln zu lockern und damit Verwaltungsentscheidungen zu beschleunigen.

In der Bauordnung sollen beispielsweise für Umbauten und Sanierungen wesentliche Erleichterungen gelten. Künftig wird vorgegeben, dass in solchen Fällen nicht mehr die jeweils aktuellen Baustandards verbindlich sein sollen, sondern diejenigen, die beim Bau des Ursprungshauses gegolten haben. Außerdem sollen Vorgaben für Brandschutz, Wärmedämmung und Fahrstühle abgesenkt werden. Wesentliche Vereinfachungen soll es auch geben bei der Genehmigung von Bauanträgen – sie sollen als erteilt gelten, wenn innerhalb von drei Monaten vom Amt keine Antwort kommt. Bei Umbauten soll die Verantwortung für Mängel und Fehler nicht bei der Baubehörde, sondern beim jeweiligen Architekten liegen. Die Nachweispflicht für Parkplätze soll entfallen.
Zwar hatten die Kommunalverbände vehement gegen die Konzeption von Bauminister Olaf Lies (SPD) protestiert – jedoch blieb die Koalition in den Parlamentsberatungen davon unbeeindruckt. Die rot-grüne Koalition verbindet mit der Reform die Hoffnung, über die Absenkung von Standards eine Belebung der Bauwirtschaft und den Bau neuer Wohnungen zu erreichen. Die oppositionelle CDU dürfte wesentliche Inhalte des Gesetzesvorhabens mittragen.

Mit dem neuen Kindergartengesetz soll eine Lösung für den Fall angeboten werden, dass eine Erzieherin als Gruppenleiterin ausfällt. Bisher muss die Gruppe dann schließen, künftig sollen auch Assistenzkräfte einspringen können, wenn sie schon eine gewisse Berufserfahrung mitbringen. Die zunächst geplante Einschränkung, dass diese dann auch eine Weiterbildung anstreben müssen, ist im Laufe der parlamentarischen Beratungen gestrichen worden. Stattdessen sollen sie nun weitere Kompetenzen erwerben, wobei sie vom Träger unterstützt werden sollen. Außerdem wird mit der Novelle geregelt, dass in den „Randzeiten“, also frühmorgens und am späten Nachmittag, auch „sonstige geeignete Personen“ für die Betreuung eingesetzt werden dürfen. Dieser Schritt dient ebenfalls dem Ausgleich des grassierenden Personalmangels in den Kindergärten.
Die Gewerkschaft Verdi und mehrere Sozialverbände hatten erklärt, dass sie die Veränderungen kritisch sehen und einen Verlust an Betreuungsqualität in den Kindergärten befürchten. Gleichwohl dürften die Neuerungen auf breite Zustimmung stoßen – zumal auch viele Kommunen mit den Veränderungen zufrieden sind, sich sogar noch weitere Lockerungen der Vorgaben gewünscht hätten. Am 1. August sollen die Neuregelungen, wenn der Landtag sie nächste Woche beschließt, gültig werden.