Bauernland in Bauernhand
Darum geht es: Die von Agrarminister Christian Meyer geplante „Pachtpreisbremse“ wird juristisch schwer umzusetzen sein. Dazu ein Kommentar von Klaus Wallbaum:
Das Gesetz passt in die Zeit, weil es tiefsitzende Ängste anspricht, die derzeit deutlicher denn je erkennbar werden: Viele Menschen befürchten den Ausverkauf ihrer Heimat. In den neuen Bundesländern ist der Trend viel verbreiteter als in Niedersachsen. Dort gibt es manche Dörfer, in denen ein riesiger landwirtschaftlicher Hof bewirtschaftet wird, ohne dass auch nur einer von den dort tätigen Bauern und Helfern überhaupt im Ort wohnt. Sie fliegen morgens ein und ziehen abends wieder nach Hause – dorthin, wo ein Großinvestor seinen Sitz hat. Solche Zustände künftig unterbinden zu wollen, ist ein sinnvolles und ehrgeiziges Vorhaben. Rot-Grün packt also eine richtige Sache an. Dass auch CDU und FDP zustimmen, mag auch damit zu tun haben, dass der Vorläufer für dieses Gesetz aus Sachsen-Anhalt kommt, geformt vom damaligen christdemokratischen Agrarminister Hermann Onko Aeikens, einem Niedersachsen, der inzwischen Staatssekretär von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) geworden ist.
Aber eine gute Absicht formt noch keine gute Vorschrift. Die Tücken treten zutage, sobald es um das Detail geht. Da ist die Definition der „marktbeherrschenden Stellung“, die unterbunden werden soll. Es gibt viele Tricks und Kniffe, mit denen die neuen Vorgaben unterlaufen werden können. Der Phantasie der Geschäftsleute sind keine Grenzen gesetzt. Man schickt Strohleute vor, arbeitet mit Unter- oder Nebenverträgen, trifft geheime Absprachen. Auch bei der Pachtpreisbremse ist so etwas möglich, wenn es etwa neben der offiziellen und nicht überhöhten noch eine zweite, „schwarze“ Pacht geben sollte. Solange die Geschäftspartner dicht halten und sich vertragen, kommen krumme Geschäfte wahrscheinlich nie ans Tageslicht. Der Gesetzentwurf des Agrarministers versucht nun, mit Punktesystemen und strengen Rechtsvorgaben den Missbrauch möglichst auszuschließen. Das aber bedeutet, dass alles aufwendiger wird und mehr Bürokratie nach sich zieht. Ist aber eine schwierige Vorschrift überhaupt noch anwendbar in den Kommunen? Und: Ist der Auslöser für die Reform, die Furcht vor den fremden, aus der Ferne agierenden Großinvestoren, nicht in vielen Fällen ein Irrglaube? Die Bodenpreise steigen vor allem auch deshalb, weil die heimischen Landwirte mehr Flächen brauchen – und damit schon unter sich den Wettbewerb anheizen. Der „böse fremde Investor“ muss dazu oft gar nicht erst auftreten.
Die Pachtpreisbremse wäre, wenn sie denn eingeführt wird, bundesweit einmalig. Aber Meyer begibt sich damit auf ein juristisch schwieriges Terrain, und die Frage ist berechtigt, ob ein gutes Jahr parlamentarischer Arbeit bis zum Start der Landtagswahlkampfzeit noch ausreichend ist, ein so komplexes Regelwerk bis zum Abschluss zu bringen.