23. März 2020 · 
Inneres

Kontaktsperre: Nur noch maximal zwei Leute dürfen sich treffen

In der dramatischen Corona-Krise haben sich Kanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten am Sonntag auf neue Ausgangsbeschränkungen verständigt. Bisher galt in Niedersachsen die Regel, dass im Freien Ansammlungen von mehr als zehn Menschen nicht erlaubt sind. Seit Donnerstag war die niedersächsische Polizei ausdrücklich angewiesen worden, Zuwiderhandlungen (etwa vor Eisdielen) zu unterbinden. Jetzt verständigten sich die Länder-Regierungschefs auf das, was einige eine „Kontaktsperre“ nennen. Nur noch zwei Personen dürfen gemeinsam draußen unterwegs sein, wenn eine davon nicht zur eigenen Familie gehört. Für die Kernfamilien (Eltern und Kinder) gilt das nicht.
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Außerdem gelten einige weitere Ausnahmen: Wenn die Menschen in grader Linie miteinander verwandt sind, aus geschäftlichen Gründen unmittelbar zusammenarbeiten müssen oder sich in Bussen oder Bahnen befinden, wenn sie auf Beerdigungen sind oder sich bei Blutspenden aufhalten, darf die Zwei-Personen-Regel überschritten werden. Davon unabhängig gilt, dass alle Menschen draußen einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zueinander halten müssen, auch vor Geschäften und in den Geschäften. In den Läden dürfen sich nur so viele Menschen aufhalten, dass auf je zehn Quadratmeter maximal ein Kunde kommt. Auch bei Wochenmärkten muss der 1,5-Meter-Abstand zwingend eingehalten werden. Baumärkte sollen weiterhin Handwerker und Gewerbetreibende bedienen, andere aber nicht. Friseure, Kosmetikstudios und Tattoo-Studios müssen schließen. Restaurants dürfen seit dem vergangenen Wochenende die Gäste nicht mehr im Haus bedienen, sie können ihre Speisen und Getränke nur noch zur Mitnahme außer Haus anbieten. Wer etwas kauft, darf es im Umkreis von 50 Meter rund um das Restaurant nicht verzehren. Verstöße gegen die neuen Auflagen sollen mit Bußgeldern bis zu 25000 Euro geahndet werden, teilt die Staatskanzlei mit.

Niedersachsen unterscheidet sich von Bayern, Saarland und Sachsen

Mit den neuen Bestimmungen verschärft Niedersachsen die bisherigen Bestimmungen. Das Land ist damit Teil einer Gruppe von Bundesländern, die sich in einem wesentlichen Punkt von drei anderen Ländern – Bayern, Saarland und Sachsen – unterscheiden. Die hierzulande geltende „Kontaktsperre“ verbietet das Verlassen des eigenen Hauses nicht, erteilt aber strenge Auflagen zum Verhalten im Freien. In Bayern, Sachsen und im Saarland gilt hingegen eine andere Vorgabe, dort dürfen die Menschen „nur aus triftigem Grund“ die eigenen vier Wände verlassen. Das heißt, dort muss es für jede angestrebte Tätigkeit eine Ausnahmegenehmigung geben. https://www.youtube.com/watch?v=LaYOaggphV4&feature=emb_title Die Bestimmungen in Bayern sind damit wesentlich strenger formuliert. Wie Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) meint, ist der Unterschied in der praktischen Wirkung allerdings recht gering. Was private Feiern angeht, beträgt die laut dem schon seit Tagen gültigen Erlass zulässige Obergrenze in Niedersachsen 50 Personen. Auf die Frage, was künftig geschehen wird, wenn jemand eine Geburtstagsparty in seinem Garten mit mehr als 50 Gästen veranstaltet, sagte der Ministerpräsident: „Dann können sie sicher sein, dass die Polizei kommt und diese Feier sehr schnell vorbei sein wird.“

Weil an Landesverwaltung: "nie dagewesener Ausnahmezustand"

Unterdessen hat Weil sich in einem zweiseitigen Brief an alle Mitarbeiter der Landesverwaltung gewandt und darin von einem „nie dagewesenen Ausnahmezustand“ gesprochen. Er dankte allen Kräften, die derzeit besonders mit der Corona-Krise belastet sind: „Ich bin sehr stolz darauf, was dieser ,Apparat‘ derzeit leistet, wie viele Rädchen – trotz teils schwierigen Bedingungen – ineinandergreifen und wie es vielen von Ihnen gelingt, mit besonderen Herausforderungen flexibel und an vielen Stellen unkonventionell umzugehen“. Die Heimarbeit sei ausgeweitet worden, es gebe zusätzliche Video- und Telefonkonferenzen. Einige Bereiche funktionierten ohne die persönliche Präsenz nicht, hier müssten Abstands- und Hygieneregeln streng beachtet werden. Die „Isolation am heimischen Arbeitsplatz“ könne „durchaus auch belastend sein“, aber es diene dem Schutz der Gesundheit auch der Kollegen. Anders als in vielen anderen Wirtschaftsbereichen müsse jetzt niemand in der Landesverwaltung befürchten, seinen Arbeitsplatz wegen dieser Krise zu verlieren. Der Ministerpräsident schließt die Bitte an, „verantwortlich und solidarisch zu sein“. Jeder solle möglichst zuhause bleiben, persönliche Begegnungen auf das Nötigste reduzieren und mindestens anderthalb Meter Abstand zu anderen Personen halten. Die Mitarbeiter in der Altenpflege und im Gesundheitswesen sollten nach Kräften unterstützt werden.

Neue Regeln für Kliniken und Pflegeheime

Unterdessen gibt es neue Regeln für das Personal in Kliniken und Pflegeheimen. Ihnen ist ab sofort gestattet, bis zu zwölf Stunden täglich Dienst zu verrichten, allerdings nicht mehr als 60 Stunden in der Woche. Anspruch auf Unterbringung in Notgruppen der Kindergärten und Schulen haben künftig die Kinder von Pflegekräften und Ärzten auch dann, wenn nur ein Elternteil in diesem Beruf arbeitet. Bisher musste das für Vater und Mutter gelten. Da Ärzte und Pfleger derzeit dringend gebraucht werden, ermuntert Kultusminister Grant Hendrik Tonne sie, dieses Angebot anzunehmen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #056.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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