Die Metallarbeitgeber in Niedersachsen wünschen sich, dass die Politik bessere Bedingungen für die Digitalisierung schafft. „Je kleiner der Betrieb, desto größer ist das Defizit“, erklärte der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, gestern bei der Vorstellung einer Studie über den Stand der „Industrie 4.0“ in Niedersachsen. Die Firmen würden mehrere Schwierigkeiten benennen: Es fehlten Fachkräfte, es gebe Defizite bei der Aufklärung über die Möglichkeiten digitaler Arbeit, die Betriebsleiter vertrauten nicht ausreichend in die Datensicherheit und es mangele an Fremdkapital. Der Ausbau des Breitbandnetzes sei vordringlich, und auch in der Bildungspolitik müssten wichtige Weichen gestellt werden. So gewinne das duale Studium künftig an Bedeutung, Facharbeiter müssten sich künftig auch Kenntnisse als Programmierer aneignen und die Situation in den Berufsschulen müsse dringend verbessert werden. Dort fehlten moderne Maschinen, entsprechende Lehrpläne, ausreichend Lehrer und technische Anschlüsse. Auch die Bundesregierung könne ihren Teil zur Entwicklung beitragen, indem sie Forschung und Entwicklung in den Firmen steuerlich besser fördere.

Wirtschafts-Staatssekretärin Daniela Behrens sagte, dass sich die Einstellung niedersächsischer Unternehmen gegenüber der Digitalisierung wesentlich verbessert habe. Immer mehr Firmen würden dies als Chance und nicht, wie noch vor einem Jahr, als Risiko ansehen. Neben Bayern sei Niedersachsen bundesweit bei der „Industrie 4.0“ führend. Beim Wagniskapital sei man schon auf gutem Weg, für die Verbesserung der Arbeit in den Berufsschulen werde es bald eine gemeinsame Initiative von Wirtschafts- und Kultusministerium geben. Außerdem ermuntere die Landesregierung die Kommunen, den Breitbandausbau – mit Glasfasernetzen – besser auszubauen. Der Autor der Untersuchung über die „Industrie 4.0“, Karl Lichtblau vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, sieht in Deutschland besondere Defizite beim Glasfasernetz. Dies sei ein Hindernis, obwohl die Bundesrepublik neben der USA, Südkorea und Japan bei der Digitalisierung der Wirtschaft weltweit zu den aktivsten Staaten gehöre.

„Industrie 4.0“ ist das Codewort für die Umstellung der Produktion mit digitalen Mitteln. So können künftig über eine gute Vernetzung und moderne Technik Kleinstserien ohne hohen Aufwand erstellt werden – passend zu speziellen Wünschen der Kunden. Das IW hat nun die Unternehmen untersucht und überprüft, inwieweit sie in neuen Medien aktiv sind, sich vernetzen und die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Als „Leuchttürme“, also Orte mit überdurchschnittlich vielen digitalen Unternehmen, gelten die Städte Osnabrück, Emden, Wolfsburg und Oldenburg – der Kreis Lüneburg bringe sogar bundesweit die besten Voraussetzungen mit. Orte mit einem besonders hohen Anteil an Beschäftigten in dieser Branche sind Braunschweig, Oldenburg und Hannover – und auch der Kreis Hameln-Pyrmont. Im Bundesvergleich hat Niedersachsen aber laut IW-Studie einen Nachholbedarf. Der Digitalisierungsgrad der Betriebe liege in Deutschland bei 4,9 Punkten auf einem Index, in Niedersachsen bei 4,8.

Lesen und hören Sie auch:

Digitalisierung: Wirtschaftsminister Lies will einen politischen Rahmen setzen

O-Ton von Wirtschaftsminister Olaf Lies