An maximal sechs Tagen im Jahr sollen in einer Gemeinde künftig Läden sonntags öffnen – jedes Geschäft aber darf nur maximal an vier Sonntagen offen haben. Jede Sonntagsöffnung muss an einen Anlass oder ein besonderes Anliegen geknüpft sein. Darauf haben sich gestern Sozial- und Christdemokraten in der Landesregierung geeinigt. Nun haben die Verbände sechs Wochen Zeit, zu dem neuen Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Das neue Konzept soll vor allem Rechtssicherheit schaffen, denn nach Urteilen des hannoverschen Verwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts konnten Veranstalter von verkaufsoffenen Sonntagen über drei Jahre hinweg nicht sicher sein, dass sie ihre Läden tatsächlich öffnen dürfen. Aber anders als geltenden Gesetz soll die jetzige Gesetzesvorlage auch zwei wesentliche Streitpunkte entschärfen. Zum einen soll mit der festgelegten Maximalanzahl pro Gemeinde ein gleiches Recht für alle Kommunen geschaffen werden, zum anderen mit der Erweiterung des Anlasses mehr Freiraum bei der Wahl der verkaufsoffenen Sonntage entstehen. Künftig soll auch „die Sichtbarkeit der Innenstädte“ den gerichtlich geforderten Anlass darstellen können – eine Formulierung, die weitgehende Freiheit lässt und im nordrhein-westfälischen Ladenöffnungsgesetz schon angewandt wurde. Ob dies gerichtsfest ist, dürfte eine spannende Frage werden.

Frei wählbare „Ortsbereiche“ statt Stadtbezirke

Heiger Scholz, Staatssekretär im Sozialministerium, rechnet damit, dass das Gesetz Anfang kommenden Jahres in Kraft treten kann, sofern der Landtag seine Beratungen sehr eilig aufnimmt und abschließt. Nach dem Vorschlag der Regierung bekommt jede Stadt das Recht, an vier Sonntagen im Jahr in der gesamten Gemeinde ihre Geschäfte zu öffnen. Darüber hinaus können an maximal zwei weiteren Sonntagen in den „Ortsbereichen“ die Läden öffnen – für jeden einzelnen Laden jedoch gilt die Vier-Sonntage-Obergrenze. „Wir haben bewusst keinen kommunalrechtlichen Begriff wie Stadt- oder Ortsteil gewählt, denn die Ortsbereiche soll jede Gemeinde selbst bestimmen dürfen“, sagt Scholz. Ein Novum, das einen wichtigen Knackpunkt der Diskussion entschärft. Denn im bisherigen Gesetz heißt es, es solle einen zusätzlichen Öffnungstag pro Stadtbezirk geben. Da aber nur Hannover und Braunschweig Stadtbezirke haben, hatten diese Städte einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Städten. Jetzt kann etwa Celle bestimmen, dass sein Einkaufszentrum am Stadtrand ein Ortsbereich ist, der noch einmal gesondert öffnen darf. Will der hannoversche Stadtbezirk Linden dagegen gesondert öffnen, so muss er sich mit elf anderen Stadtbezirken auf einen Termin verständigen. „Für die Stadtbezirke gilt das gleiche wie für die gesamte Stadt: Maximal vier offene Sonntage pro Jahr“, sagt Scholz. Was die zwei zusätzlichen Ortsbereiche angeht, müssen sich alle hannoverschen Stadtteile untereinander arrangieren – denn mehr als insgesamt sechs Sonntagsöffnungen in Hannover soll es nicht geben dürfen.


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Ausgeschlossen sind weiterhin die gesetzlichen Feiertage. Der FDP-Politiker Jörg Bode wandte dazu ein, dass Ostersonntag und Pfingstsonntag keine gesetzlichen Feiertage seien und daher mit dem Regierungsentwurf nicht geschützt würden, hier sei Nachbesserung unvermeidlich. Laut Kabinettsvorlage soll künftig auch am 27. Dezember ein Verkauf generell untersagt werden. Der Streit um diesen Tag hatte die Debatte überhaupt angestoßen. 2015 wollte die City-Gemeinschaft in Hannover an diesem Sonntag nach Weihnachten öffnen lassen. Die Gewerkschaft Verdi zog dagegen vors Verwaltungsgericht – und bekam Recht. Denn das Gericht stellte fest, dass das bloße Konsum- und Gewinninteresse nicht als triftiger Grund ausreicht, um gegen die in der Verfassung verankerte Sonntagsruhe zu verstoßen. Mit dem neuen Gesetzentwurf würde ein solcher Anlass gegeben – beispielsweise mit der „Sichtbarkeit der Innenstadt“, auch als Zeichen gegen den wachsenden Online-Handel gedacht.

Großveranstaltungen gibt es fast nicht mehr

Sowohl Verdi wie auch der Handelsverband hatten vor Monaten gemahnt, der Anlassbezug dürfe nicht zu schwammig sein. „Der verkaufsoffene Sonntag ist Ende der vierziger Jahre überhaupt ins Leben gerufen worden, weil man davon ausging, dass irgendwo Großveranstaltungen wie Messen stattfinden und die Menschenmassen versorgt werden müssen. Das gibt es heute so fast gar nicht mehr“, sagte Scholz gestern. Thorsten Bullerdiek, Sprecher des Städte- und Gemeindebunds, zeigte sich zufrieden mit dem Gesetzesentwurf: „Wir freuen uns, wenn die Sonntagsöffnungen jetzt endlich rechtssicher werden. Denn wenn die Gemeinden und die Händler immer befürchten müssen, wegen eines verkaufsoffenen Sonntags mit Verdi vor Gericht zu landen und schließlich ihren Kunden den versprochenen Shoppingtag doch nicht gewähren können, dann sorgt das für Unmut auf alle Seiten.“