Die teilweise ausgedehnten Hitzeperioden in diesem Sommer begünstigen einen besonders hartnäckigen Schädling, den Borkenkäfer. Die Witterung in diesem Jahr sei für die Tierchen „besonders günstig“, teilt das Agrarministerium auf Anfrage des Politikjournals Rundblick mit. Die Bruterfolge der verschiedenen Arten seien hoch, Trockenheit und Wärme hätten die Entwicklung der Jungkäfer gefördert – und nun könne es den Käfern gelingen, 2018 noch eine zweite Generation zu entwickeln. „Ich rate den Waldbesitzern vorbeugend, die Grundregeln der sauberen Waldwirtschaft zu befolgen und gefährdete Fichtenbestände im Auge zu behalten“, erklärte Agrarministerin Barbara Otte-Kinast gegenüber dem Rundblick. Das bedeutet: Wenn befallene oder bedrohte Bäume gefällt werden, müsse die Rinde besonders gequetscht werden, damit die alten Stämme nicht mehr bruttauglich sind.


Lesen Sie auch:

Warum die Eiche als Sorgenkind gilt

Niedersachsens Wälder sollen wilder werden

Der Wald in Niedersachsen: Preise steigen, Zahl der Verkäufe sinkt


Im Nationalpark Harz, rund um das hochgelegene Gebiet Torfhaus, sind die in den vergangenen Jahren passierten Schäden besonders sichtbar: Große Flächen des Fichtenwaldes sind geprägt von abgestorbenen Bäumen. Auch die schweren Stürme haben den Schädling begünstigt. Da es sich teilweise um das Kerngebiet des Nationalparks handelt, sind Schutz- und Abwehrmaßnahmen gegen den Käfer stark eingeschränkt. Unterdessen regt sich Kritik aus der Politik. „Bei der Einrichtung des Nationalparks Harz ist der Fehler gemacht worden, dass man Eingriffe untersagt hat. Das Ergebnis ist, dass sich der Käfer umso stärker ausbreiten kann“, sagt der CDU-Agrarexperte Frank Oesterhelweg. Die Situation im Harz könne man teilweise „nur kopfschüttelnd betrachten“, fügt der Christdemokrat hinzu. Das Landwirtschaftsministerium hat die Waldbesitzer in Niedersachsen schon vor Monaten überall zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Da die Entwicklung des Borkenkäfers stark von der Witterung und von der Menge des bruttauglichen Materials abhänge, rechne man in diesem Jahr durchaus „große Risiken“. Das betreffe vor allem die Fichten und den Käfer vom Typ „Buchdrucker“. In der zweiten Jahreshälfte 2017 hätten schwere Gewitter und mehrere Stürme Bäume umgeworfen oder abgeknickt. In vielen Wäldern konnte das Holz nicht beseitigt werden – und es bietet jetzt dem Käfer ideale Bedingungen für die Vermehrung. Es bestehe daher landesweit vor allem in den Fichtenwäldern „ein außerordentlich großes Angebot an bruttauglichem Material“. Die Forstbetriebe sollten deshalb auf der Hut sein und Gegenmaßnahmen treffen. Umgeworfenes Holz solle beseitigt oder zu Brennmaterial verarbeitet werden, Stämme sollten von der Rinde befreit werden und mit Hormonfallen oder zugelassenen Insektiziden solle der Käfer bekämpft werden.

Besondere Bedingungen herrschen nun aber im Nationalpark Harz. Entlang der Außengrenze des Nationalparks ist nach Auskunft des Agrarministeriums ein 500 Meter breiter „Sicherungsstreifen“ eingerichtet worden – eine Zone, innerhalb der der Borkenkäfer konsequent bekämpft werde, allerdings nicht mit Pflanzenschutzmitteln, sondern „rein mechanisch“. Das geschieht, damit die Plage nicht auf angrenzende Waldgebiete übergreifen kann. Doch wegen der Vorgabe des Bundes, zehn Prozent der Waldfläche der „natürlichen Waldentwicklung“ zu überlassen, soll der Schutzstreifen bis zum Jahr 2022 aufgegeben werden. Da die angrenzenden Wälder aber meistens landeseigen sind, muss dann dort der Borkenkäfer bekämpft werden, nicht mehr innerhalb des „Sicherungsstreifens“. Der Käfer weitet also sein Gebiet aus. Im Nationalpark ist noch ein anderes Problem zu sehen: Große Flächen abgestorbener Bäume, meist eine Folge der Borkenkäferplage, werden nicht beseitigt, sondern müssen aus Naturschutzgründen so stehen bleiben. „Das wird man jetzt wohl nicht mehr ändern können, aber richtig ist das nicht“, meint Oesterhelweg. Wenn man die toten Bäume entnommen hätte, bekäme der Borkenkäfer weniger Brutstätten, außerdem wäre dann die Wiederaufforstung von Buchen möglich, die Fichten-Monokulturen wären eingegrenzt. Da aber die Auflage gilt, den Wald im Nationalpark völlig sich selbst zu überlassen, müssen Eingriffe unterbleiben. „Ich halte das aus ökologischer Sicht für zweifelhaft“, erklärt Oesterhelweg. Er schlägt vor, tote Bäume zu fällen, das Holz zu verkaufen und von den Einnahmen neue Naturschutz-Projekte im Nationalpark zu finanzieren.