Landespolizeipräsident Uwe Binias, oberster Polizist in Niedersachsen, hat am Dienstag mit einem Interview in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung für Furore gesorgt. Der 61-Jährige zeigte sich „zutiefst enttäuscht von der CDU“, kündigte den Austritt an und erklärte gleichzeitig, wegen einer fehlenden Vertrauensbasis im Landtag sein Amt nicht mehr ausfüllen zu können. In Parlamentskreisen wird jetzt damit gerechnet, dass Innenminister Boris Pistorius (SPD) Binias nach der Landtagswahl von seinem Amt entbinden wird.

Dies kann der Minister bei politischen Beamten, wie Binias einer ist, ohne Angabe von Gründen tun. Allgemein wird als Begründung dann ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Minister angenommen, im Fall von Binias ist dieses jedoch nicht vorhanden. Der 61-Jährige hat vielmehr auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis zur Opposition von CDU und FDP hingewiesen und erklärt: „Ein Landespolizeipräsident ist auf dieses Vertrauen und die Glaubwürdigkeit der Parlamentarier angewiesen.“

Spekulationen über die Gründe

Dass Binias als oberster Polizist im Innenministerium seinen Schritt mit großem öffentlichen Getöse fünf Tage vor der Landtagswahl kundtut, hat allerhand Spekulationen über die Gründe ausgelöst. In dem Interview spricht er offen den Ärger mit CDU und FDP im Islamismus-Untersuchungsausschuss an. Auf Drängen der Opposition sind in diesem Gremium mehrere Pannen und Versäumnisse in der Bekämpfung des Islamismus deutlich geworden, die teilweise auch der Polizeiführung und damit auch Binias angelastet werden können. Zugleich ist bekannt, dass der Beamte trotz des CDU-Parteibuchs zu seinem Minister Pistorius absolut loyal ist. Die ausdrücklich politisch formulierte Begründung für seinen Wunsch, als Landespolizeipräsident abgelöst zu werden, weckt allerdings auch Zweifel.

Das Politikjournal Rundblick hatte vor fünf Wochen, Anfang September, über das geplante Ausscheiden von Binias im Dezember dieses Jahres berichtet. Trotz mehrerer Anfragen hatten sowohl das Innenministerium als auch Binias selbst jeglichen Kommentar zu diesen Hinweisen gegenüber dem Rundblick abgelehnt. Die Informationen, die auf den Fluren des Innenministeriums kursieren, sehen als Hauptgrund für den Rückzugswunsch des Beamten keine inhaltlichen Probleme, sondern seine angeschlagene Gesundheit. Hierzu äußert sich Binias aber jetzt in dem HAZ-Interview nicht, er umschreibt es lediglich mit einen Hinweis zu seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit. Dies lässt nun in Landtagskreisen Vermutungen gedeihen, die jetzt von Binias gegebene politische Begründung könne womöglich nur vorgeschoben sein.

Binias könnte aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen um einen vorzeitigen Ruhestand bitten, dies würde ihm wahrscheinlich auch genehmigt werden. Er würde dann von seiner Versorgung, da er noch nicht 65 ist, einen Abschlag von vermutlich rund 15 Prozent hinnehmen müssen. Wird er aber vom Minister in den einstweiligen Ruhestand versetzt, so wäre das ein Schritt, der für gewöhnlich eine Vertrauensstörung voraussetzt, auch wenn er nicht begründet werden muss. In diesem Fall wäre die Versorgungslage für den Landespolizeipräsidenten sehr viel angenehmer: Er bekäme drei Jahre lang ein Übergangsgeld von 71,75 Prozent seines B6-Gehaltes (9288 Euro brutto), anschließend könnte er dann in den normalen Ruhestand wechseln.

Der Unterschied dieser beiden Wege kann für Binias bares Geld bedeuten, in den ersten drei Jahren könnte die Differenz in den Versorgungsbezügen 1000 Euro monatlich machen. Das heißt: Binias hat einen großen Vorteil, wenn er nicht auf eigenen Wunsch geht, sondern sich vom Innenminister in den einstweiligen Ruhestand schicken lässt.