Seit diesem Donnerstag gibt es ein paar mehr Anzeichen dafür, dass es noch im November zur Bildung einer Großen Koalition unter Führung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kommen kann. Nach einem 97-minütigen Sondierungsgespräch zwischen Vertretern von Sozial- und Christdemokraten im Landtag ist aber immer noch nicht ausgeschlossen, dass die Gespräche am Ende scheitern und doch zwei andere Lösungen erneut aufs Tableau gelangen könnten – eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP.

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Teilnehmer des gestrigen Spitzengesprächs der beiden großen Parteien berichten, dass die Atmosphäre zu Beginn der Sondierungen „leicht verkrampft“ oder „etwas unterkühlt“ gewirkt habe. Dies habe sich dann erst nach einigen Minuten geändert, als dann über politische Inhalte geredet wurde. Man habe gespürt, heißt es, dass sowohl Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als auch CDU-Fraktionschef Bernd Althusmann (CDU) Interesse an einer zügigen Klärung haben. Sehr ehrgeizig wäre es, wenn schon in der konstituierenden Sitzung des Landtags am 14. November ein neuer Ministerpräsident – nämlich Weil mit den Stimmen von SPD und CDU – gewählt würde. Da nächste Woche zunächst eine weiteres Sondierungsgespräch zwischen beiden Parteien ansteht, blieben für eine solche Variante nicht einmal zwei Wochen für Koalitionsverhandlungen, -vereinbarungen und Beschlussfassungen darüber auf Parteitagen.

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Sowohl Weil als auch Althusmann äußerten sich nach dem Treffen in getrennten Statements sehr vorsichtig. Der CDU-Vorsitzende meinte, im Wahlkampf habe „jede Seite Fehler gemacht“. Der SPD-Chef sagte später, man wolle „in der Debattenkultur im Landtag einen Neuanfang“ machen. Es gehe auch um die Stärkung der parlamentarischen Minderheitenrechte, die umso wichtiger seien, sollte es tatsächlich zur Großen Koalition kommen. Weil erklärte, die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre im Landtag hätten „tiefe Spuren hinterlassen“, Althusmann bezeichnete den Wahlkampf als „rauh und hart“. Auf SPD-Seite nahmen neben Weil die Bezirksvertreter Johanne Modder (Weser-Ems), Ulrich Watermann (Hannover) und Petra Tiemann (Nord-Niedersachsen) teil, außerdem Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer.

Auf CDU-Seite waren das neben Althusmann die Vertreter der Bezirksverbände Björn Thümler (Oldenburg), Maria Flachsbarth (Hannover), Mathias Middelberg (Osnabrück), Gudrun Pieper (Lüneburg), Generalsekretär Ulf Thiele und Fraktionsjustiziar Behrend Lindner. Zu Beginn, heißt es, soll auf Wunsch der SPD über atmosphärische Störungen der vergangenen Jahre gesprochen worden sein – unter anderem im Islamismus-Untersuchungsausschuss. Hier seien die Verletzungen vor allem bei Modder, Tiemann und auch Watermann groß. Darauf sollen CDU-Vertreter erwidert haben, auch die SPD-Attacken in den Affären um Agrarministerin Astrid Grotelüschen und Bundespräsident Christian Wulff seien heftig und zugespitzt gewesen. Wie es heißt, sorgte aber Weils geschickte Gesprächsführung dafür, dass die gegenseitigen Vorhaltungen nicht zu einer Klimaverschlechterung oder gar zum Abbruch der Unterhaltung führten. Vielmehr habe man sich dann relativ bald den Inhalten zugewandt.

Erwähnt wurden offenbar sehr allgemein die Bildungs- und Innenpolitik, der Ausbau der Infrastruktur, die ländlichen Räume, die Landwirtschaft und die Landesentwicklung – und größere Differenzen wurden zunächst nicht festgestellt. Auch die Tatsache, dass starke Kräfte in den Kommunalverbänden für Rot-Schwarz werben, ist in diesem Zusammenhang erwähnt worden. Wie er denn zu Weil inzwischen stehe, wurde Althusmann gefragt. Er sagte: „Wir haben inzwischen einen entspannten Umgang miteinander gefunden.“ Weil meinte später: „Wir sind beide gut beraten, den Wahlkampf nicht als Dauerzustand anzusehen.“ Am Nachmittag und Abend haben das CDU-Präsidium und der SPD-Landesvorstand über die Sondierungsgespräche beraten. Aus der CDU hieß es hinterher, ein Anfang für die Annäherung an die Sozialdemokraten sei gemacht. Es werde aber wohl noch dauern, bis eine wirkliche Vertrauensbasis entstehe. Der SPD-Landesvorstand zeigte sich nach wie vor offen für verschiedene Bündnisse. Die Hoffnung auf eine Bereitschaft der FDP, sich für eine Ampelkoalition zu öffnen, wird von einer starken Strömung in der SPD noch nicht aufgegeben.