(rb) Die geplanten Verträge des Landes Niedersachsen mit den Islamischen Religionsgemeinschaften DITIB und SCHURA sowie den Alevitischen Gemeinden, die nach der aktuellen Planung Mitte Dezember vom Kabinett beschlossen und danach im Landtag beraten werden sollen, bergen einiges an Zündstoff. Sowohl innerhalb der rotgrünen Regierungskoalition als auch aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion gibt es strittige Punkte, zu denen offenbar noch immer erheblicher Redebedarf besteht. Dabei geht es u.a. um die angestrebte Feiertagsregelung und die Einrichtung von exklusiven Gebetsräumen für Muslime in den Schulen. Darüber hinaus drängt die CDU seit vielen Monaten darauf, dass parallel zu den Verträgen mit Muslimen und Aleviten auch mit den orthodoxen Gemeinden verhandelt werden muss – im Interesse eines friedlichen Miteinanders aller Religionen in Niedersachsen. Bisher hat sich die Landesregierung dazu nicht geäußert.
Wie aus dem jüngst aktualisierten Entwurf für den Vertrag mit DITIB und SCHURA hervorgeht, plant die Landesregierung aber, das Niedersächsische Feiertagsgesetz so zu ändern, dass muslimische Beschäftigte sich u.a. jeweils einen Tag während des viertägigen Opferfestes oder des dreitägigen Ramadan aussuchen können, an dem sie der Arbeit unbezahlt fernbleiben wollen. Das Kultusministerium und die Religionsgemeinschaften wollen gemeinsam entscheiden, welche Tage schulfrei sein sollen, und diese jedes Jahr neu festlegen. Beim Bau von Moscheen will das Land „unterstützend“ wirken, für sargfreie Beerdigungen vereinfachte und pauschale Regelungen sicherstellen und Schulen der Islamischen Religionsgemeinschaften genehmigen, anerkennen und wie die anderen Schulen in freier Trägerschaft finanziell fördern.
Die allgemeinbildenden Schulen können bei Bedarf Gebetsräume zur Verfügung stellen. Allerdings soll grundsätzlich nur außerhalb des Pflichtunterrichts und an Ganztagsschulen außerhalb des Nachmittagsangebots gebetet werden. Seit diesem Schuljahr gilt bereits, dass Lehrerinnen islamischen Glaubens grundsätzlich das Recht haben, „sich für oder gegen das Tragen eines Kopftuchs in der Schule zu entscheiden“, wie es in dem Vertrag heißt. Nur bei „hinreichend konkreter“ Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität soll das Kopftuch für den regulären Unterricht untersagt werden können. Dafür muss die Landesschulbehörde eingeschaltet werden; die finale Entscheidung über jeden Fall liegt beim Kultusministerium.
Neben dem „bedarfsgerechten“ Ausbau des Islamischen Religionsunterrichts an den Schulen, der von akademisch ausgebildeten Lehrkräften und in deutscher Sprache erteilt werden muss, sagt das Land in dem Vertragsentwurf auch zu, das Institut für Islamische Theologie sowie dessen Lehr- und Forschungsangebot dauerhaft finanziell abzusichern; die Islamischen Religionsgemeinschaften sollen zudem bei ihrem Engagement in der Erwachsenenbildung, der Jugendhilfe und der Wohlfahrtspflege unterstützt werden. Darüber hinaus können DITIB und SCHURA darauf bauen, dass nicht nur in den Gefängnissen eigene Seelsorger zum Zuge kommen, sondern dies künftig möglichst auch für alle Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Hospize gelten soll. Zudem will das Land den Religionsgemeinschaften den Zugang zu diversen Gremien ebnen: Nach der Landesmedienanstalt sollen dazu zunächst die Rundfunkräte von NDR, ZDF und Deutschlandradio ebenso wie der Landesjugendhilfeausschuss, der Landesschulbeirat, der Landespräventionsrat und die Härtefallkommission gehören.
Als Anschubfinanzierung werden DITIB und SCHURA jeweils bis zu einer halben Million Euro für den Aufbau von Geschäftsstellen erhalten, die die erfolgreiche Umsetzung des Vertrages erleichtern sollen, wie es heißt. Eben dies verlangt die CDU-Landtagsfraktion auch für die orthodoxen Gemeinden in Niedersachsen. Ob die Aleviten in gleicher Höhe gefördert werden, ist derzeit unklar. Künftig sollen die Islamischen Religionsgemeinschaften wie die Kirchen von Gebühren befreit werden und die Rechte von Körperschaften des öffentlichen Rechts erlangen können. Schließlich sollen DITIB und SCHURA einen gemeinsamen Bevollmächtigten benennen, der ihre Anliegen gegenüber dem Land „einheitlich“ vertritt. briDieser Artikel erschien in Ausgabe #215.