(rb) Die 2007 in Niedersachsen eingeführte „Eigenverantwortliche Schule“ ist auf ganzer Linie gescheitert. Das Delegieren von Personalangelegenheiten und Verwaltungsaufgaben an die Schulen hat sich weder als zweckmäßig noch als wirtschaftlich erwiesen. Entgegen der ursprünglichen Intention der damaligen schwarzgelb geführten Landesregierung, Personal und Geld einzusparen, verursachte der Paradigmenwechsel bis heute Kosten von mindestens 421 Millionen Euro. Dafür könnten 5200 Lehrkräfte ein Jahr lang „vor der Klasse“ stehen. Dieses Fazit hat der Landesrechnungshof in seiner Anfang Juni vorgelegten Denkschrift zur Haushaltsführung des Landes im Jahr 2014 gezogen.
In ihrem Zehn-Jahres-Rückblick auf die Eigenverantwortliche Schule sprechen die Rechnungsprüfer von „systemimmanenten Fehlentwicklungen“, die eine „strikte Zäsur“ notwendig machten. Die Schulen dürften nicht mehr mit der Umsetzung bildungspolitischer Entscheidungen und schulgesetzlicher Vorgaben allein gelassen und damit überfordert werden. Um weitere Risiken für die Zukunft auszuschließen, müsse die Landesregierung entscheiden, von welchen Aufgaben die Schulen künftig zugunsten der Unterrichtserteilung entlastet werden sollten, heißt es. Hatte Ministerpräsident Stephan Weil genau das im Sinn, als er während des Philologentags 2015 die vielzitierte „Entrümplungsaktion“ ankündigte?
Im Zuge der 2003 begonnenen Verwaltungsreform hatte die damalige Koalition aus CDU und FDP entschieden, dass auch die Schulen des Landes durch mehr Eigenverantwortung in Planung, Leitung, Organisation und Verantwortung mit dazu beitragen sollten, die Personalausgaben und die Verwaltung des Landes zu verschlanken. Gleichzeitig versprachen sie sich davon mehr Freiheiten für die Schulen und eine allgemeine Qualitätssteigerung der Bildungseinrichtungen. 2007 trat das entsprechend geänderte Schulgesetz in Kraft. Seither gibt es die Eigenverantwortliche Schule in Niedersachsen, die die Personalangelegenheiten ihrer Lehrkräfte und ihres nichtlehrenden Personals sowie ein eigenes Budget weitgehend selbstständig bearbeiten bzw. bewirtschaften sollte.
Die dezentrale Personalsachbearbeitung (Einstellungen und Beförderungen bis zur Besoldungsgruppe A 14) durch die Schulleitungen, also Verwaltungslaien, brachte schon bald vielfältige sozialversicherungs- und steuerrechtliche Probleme insbesondere im Ganztagsbereich mit sich, die nicht nur zu regional unterschiedlichen Personalausstattungen und vakanten Stellen führten, sondern nach jahrelangem Hin- und Her die Nachzahlung von zwölf Millionen Euro an die Rentenversicherung zur Folge hatten. An den Berufsschulen hat die amtierende rotgrüne Landesregierung bereits die Reißleine gezogen: Seit Sommer 2014 werden deren Stellen wieder zentral durch das Ministerium bewirtschaftet – vorläufig.
Zudem monieren die Rechnungsprüfer erhebliche Schwachstellen im Umgang mit den Budgets, die das Land den Schulen seit 2008 zur Verfügung stellt. Nach Überprüfung durch den Landesrechnungshof von 2791 allgemeinbildenden Schulen im Jahr 2013 schöpften 45 Prozent es noch nicht mal zu 50 Prozent aus, lediglich 16 Prozent lagen bei 85 bis 100 Prozent, während sieben Prozent der Schulen ihre Budgets überschritten. Das Kultusministerium soll für eine rechtskonforme und praxistaugliche Bewirtschaftung sorgen. Darüber hinaus müssen endlich verbindliche und praktikable Lösungen für die seit Jahren umstrittene Führung von Schulgirokonten, aber auch für die Anbindung der Schulen an das elektronische Reisekostenabrechnungssystem des Landes gefunden werden, heißt es in der Denkschrift. briDieser Artikel erschien in Ausgabe #109.