3. März 2016 · 
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Zum Tage: Verbandsklage jetzt auch für den Tierschutz

(rb) Mit der am Mittwoch getroffenen Entscheidung, anerkannten Tierschutzorganisationen ein Verbandsklagerecht sowie deutlich erweiterte Beteiligungsrechte in Genehmigungsverfahren einzuräumen, hat das rotgrüne Landeskabinett einen weiteren Punkt seines Koalitionsvertrages abgearbeitet. Das Gesetz hat die Verbandsanhörung bereits hinter sich und wird jetzt direkt in die Ausschussberatung eingebracht. Eine Klagewelle und damit eine Verschärfung der Genehmigungspraxis, wie sie etwa das Landvolk nun befürchtet, schließt Landwirtschaftsminister Christian Meyer aus. Hier gehe es schließlich um nichts anderes als um die Überprüfung geltenden Rechts. In den Ländern, in denen die Verbandsklage für den Tierschutz bereits gilt – Hamburg und Bremen, das Saarland, NordrheinWestfalen, RheinlandPfalz, SchleswigHolstein und BadenWürttemberg – habe es bislang keine einzige Klage gegeben, berichtete der GrünenPolitiker am Mittwoch nach der Kabinettssitzung. Tatsächlich hat es bei der Wiedereinführung der Verbandsklage im Umweltbereich ähnliche Befürchtungen gegeben; am Ende wurde dieses Klagerecht aber doch sehr sparsam eingesetzt. Eine Formalie ist die Verbandsklage aber nicht. Denn gerade im Tierschutzrecht sind noch viele Fragen offen, insbesondere in ihren bundesweiten Auswirkungen, und könnten von interessierten Klägern schneller zu einer gesetzlichen Lösung gebracht werden als ein umständliches Vorgehen eines Landesgesetzgebers, der dazu noch alle Länder hinter sich bringen muss und es gern mit sehr großzügigen Fristen der Bundes- und Europaebene zu tun bekommt. Wenn dagegen ein Gericht nach einer entsprechenden Klage eines anerkannten Tierschutzverbandes den Verstoß einer Genehmigungsbehörde gegen tierschutzrechtliche Vorgaben in einem Einzelfall feststellen sollte, kann es zugleich Vorgaben machen, die dann für alle Betroffenen gelten, ob es sich nun um Stallbauten, die Tierhaltung oder um Eingriffe am Tier bis hin zu Tierversuchen handelt. Tatsächlich geht es Meyer mit seinem neuen Regelwerk um Grundsatzentscheidungen, die wegweisend sein sollen für die gesamte Bundesrepublik und Europa, weniger um das Verhindern einer bestimmten Baumaßnahme vor Ort. Es muss zunächst ja auch davon ausgegangen werden, dass sich die Genehmigungsbehörden, in der Regel sind das die Landkreise, an Recht und Gesetz halten. Es muss schon ein massiver Fall vorliegen, wenn ein Gericht so weitreichende Vorgaben verhängt. Und die Auswahl der möglichen Kläger ist eher überschaubar. Sie müssen als Tierschutzverband anerkannt sein, d.h. ihren Sitz in Niedersachsen haben oder einen Landesverband mit einer hinreichenden Mitgliederzahl vorweisen können. Das trifft z.B. auf den Deutschen Tierschutzbund zu, auf die Landesjägerschaft aber nicht unbedingt; in NordrheinWestfalen etwa hat man ihr die Anerkennung versagt. Die Sorge, eine eher extreme Organisation von Aktivisten wie PETA könnte den Geflügelzüchtern nun mit Hilfe der Gerichte das Leben schwer machen, ist vorläufig noch unbegründet, denn PETA hat keine Landesverbände und arbeitet wohl auch lieber jenseits der Gerichtsbarkeit. az
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #44.
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