Werner Plumpe, Wirtschaftshistoriker aus Frankfurt, hat beim Neujahrsempfang des Verbandes der Wohnungswirtschaft Niedersachsen-Bremen (vdw) einen interessanten Versuch der Einordnung der gegenwärtigen Wirtschaftslage in einen historischen Kontext unternommen. Dabei wagte er die interessante These, dass die Bundesrepublik ihn „an die Lage in der späten DDR“ erinnere. Man leiste sich einen Staat, dessen Wirtschaft die nötigen Einnahmen nicht mehr bereitstellen könnte.

Zwar sei die Staatsverschuldung nicht dramatisch, aber es werde auch nicht erkennbar, wie man sich davon lösen wolle. In früheren Krisenzeiten wie 1923 oder 1948 habe eine radikale Währungsreform geholfen, ein Aufbruchssignal zu senden. Daran sei heute nicht zu denken. Aus seiner Sicht könne ein „aufgeblähter Staat“ wie die Bundesrepublik mit hohen Sozialausgaben und noch mehr geplanten Sozialausgaben (Bürgergeld und Kindergrundsicherung) nicht mehr als „starker Staat“ verstanden werden. Nun sei das Modell eines „schlanken Staates“ auch nicht erstrebenswert, sobald dort soziale Verwerfungen drohen.
Deutschland sei auch deshalb im europäischen Vergleich abgerutscht, da frühere vorhandene Voraussetzungen für eine intakte und wettbewerbsfähige Wirtschaft inzwischen verloren gegangen seien – die kostengünstigen Energiequellen, der unproblematische Zugang von Fachkräften aus dem Ausland und die gewohnte schnelle Anpassung an neue Verhältnisse. Laut Plumpe zeigen sich in der Bundesrepublik jetzt auch die Ergebnisse langfristiger Versäumnisse. Die Produktivität hierzulande sei seit Mitte der neunziger Jahre zurückgegangen – wegen fehlender Innovationen und nachlassender Privatinitiativen.