Widersprüche in Antworten der Regierung zu Fehlern der Staatsanwaltschaft Hannover
Hat das Justizministerium korrekt auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Dirk Toepffer (CDU) geantwortet, als es um Versäumnisse und Fehler in der Staatsanwaltschaft Hannover ging? Dieses Thema hat am Mittwoch den Rechtsausschuss des Landtags beschäftigt. Dort hat Toepffer, der Ende Januar seine Parlamentsanfrage gestellt und Ende Februar eine Antwort erhalten hatte, den zugrundeliegenden Fall noch einmal thematisiert. Befragt wurde im Ausschuss die Generalstaatsanwältin aus Celle, Katrin Ballnus, die kraft Amtes die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft Hannover führt. Ballnus räumte offen ein, dass sie in dem von Toepffer geschilderten Fall einen Fehler des zuständigen Staatsanwaltes sieht – und dass die Antwort des Justizministeriums auf den Abgeordneten in der Absicht formuliert worden sei, die Ermittler im milden Licht erscheinen zu lassen.

Der Vorgang, auf den sich Toepffer bezog, geschah kurz vor Weihnachten 2024. Ein verdächtiger Mann war von der Polizei am 17. Dezember festgenommen worden, weil er einen Einbruch in Bothfeld versucht haben soll. Die Staatsanwaltschaft sah keinen Grund für Untersuchungshaft, da der zuvor auf Bewährung freigelassene Mann einen festen Wohnsitz habe und keine Wiederholungsgefahr bestehe. Er wurde freigelassen und wenige Stunden später nach einem anderen Einbruchsversuch erneut festgenommen. Wieder soll die Staatsanwaltschaft „keine Wiederholungsgefahr“ gesehen und die Haft abgelehnt haben. Sechs Tage später traf die Polizei den Mann wieder an, als nach einem dritten Einbruchsversuch gefahndet wurde. Erneut habe die Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft abgelehnt. Erst Wochen später hat die Anklagebehörde den Fall neu bewertet und am 9. Januar 2025 einen Haftbefehl erwirkt. Nach dem Beschuldigten wird weiter gefahndet. In der Antwort auf Toepffers Anfrage hatte die Landesregierung erklärt, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft vom 17. Dezember sei „nicht unvertretbar“ gewesen. Toepffer erkundigte sich bei Ballnus nach der Bedeutung dieses Satzes, und die Generalstaatsanwältin sagte im Ausschuss: „Das Justizministerium hat sich schützend vor einen Kollegen gestellt. Ich halte die Entscheidung für falsch.“
Dieser Hinweis hat nun in den Reihen der CDU-Vertreter im Ausschuss Betriebsamkeit ausgelöst. Wenn Ballnus erklärt, das Ministerium habe sich „schützend vor einen Kollegen“ gestellt – entspricht dann die Antwort der Landesregierung an Toepffer noch der wahren Wiedergabe des Sachverhaltes, wie es in der Landesverfassung verlangt wird?

Der Vorgang war ein Detail einer längeren Diskussion im Rechtsausschuss. Toepffer hatte gesagt, er sehe das Agieren der Staatsanwaltschaft Hannover als „sehr zögerlich“ an. Dies werde noch aus einem anderen Fall deutlich, in dem Fotos einer Überwachungskamera, die einen Angriff auf einen Straßenbahnfahrer belegen, erst nach drei Monaten zur Fahndung genutzt wurden – und dann rasch zur Festnahme führten. Ballnus räumte ein, dass in einer Staatsanwaltschaft auch Fehler passieren können. Sie rechtfertigte aber das Agieren der Ermittler mit Hinweisen darauf, dass die Staatsanwaltschaften in Deutschland „nicht Partei“, sondern unabhängig seien. Sie müssten bei den Tätern auch entlastende Momente berücksichtigen. Toepffer meinte, er wünsche sich, die Ermittler würden „mehr auf der Seite der Opfer stehen“. Auch Volker Bajus (Grüne) meinte, man hoffe bei den Ermittlern „auf mehr Dynamik und Selbstbewusstsein in den Entscheidungen“. Ballnus erklärte, die Staatsanwaltschaften stünden unter wachsendem Druck solcher Medien, die viele Details sinnentstellt und reißerisch berichten – auch während der Ermittlungsverfahren, die eigentlich nicht-öffentlich ablaufen sollten. Viele Medien würden etwa in Wirtschafts-Strafverfahren von Rechtsanwälten gezielt mit Informationen gespickt.
- Für Vorratsdatenspeicherung: Die Celler Generalstaatsanwältin plädierte dafür, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Das sei für eine effektivere Verbrechensbekämpfung unerlässlich. Das Problem sei zum einen die personelle Überbelastung der Staatsanwaltschaften, zum anderen deren fehlende Möglichkeit, alle Mittel für gute Ermittlungen nutzen zu können. Dabei sei eine Strafe wirkungslos, wenn sie nicht zügig und konsequent auf die Tat folge.
Dieser Artikel erschien am 06.03.2025 in der Ausgabe #044.
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