Was die Zukunft der Nord/LB angeht, schwirren jede Menge Modelle durch die politische Debatte – und immer mehr Vorbehalte gegen die Abkehr vom rein öffentlich-rechtlichen Status der Bank werden laut. Die Bank selbst und auch ihr Aufsichtsratschef, Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers, haben eine Beteiligung privater Kapitalgeber nicht ausgeschlossen. Allerdings wäre dies, wie das Beispiel HSH Nordbank in Hamburg und Schleswig-Holstein zeigt, ein sehr mühevoller, von komplizierten Problemen überschatteter Weg. Je länger sich dieser hinzieht, desto mehr rüsten die Gegner der Privatisierung zur Gegenwehr.

Ein paar Fragen, die derzeit in der Diskussion eine Rolle spielen, werfen manche Probleme auf:

Wieso ist eine Mitwirkung privater Kapitalgeber so kompliziert? Die Ausgangslage ist sonderbar: Das Land Niedersachsen als größter Anteilseigener der Nord/LB hätte genügend Geld, die nötige Stärkung des Nord/LB-Eigenkapitals zu leisten – doch die EU-Wettbewerbshüter würden einen solchen Schritt als unerlaubte Beihilfe untersagen. Aus diesem Grund ist die Beteiligung privater Investoren ins Gespräch gekommen. Da die Nord/LB im Prinzip gut aufgestellt ist, anders als die HSH Nordbank es vor ihrer Privatisierung war, würde bei einer Teil-Privatisierung auch kein radikaler Umbau der Bank drohen. Aber die Probleme liegen im Detail. Damit die Nord/LB wie bisher im Haftungsverbund für öffentlich-rechtliche Banken bleiben kann, darf der private Anteil nicht mehr als 49,9 Prozent betragen. Würde der Anteil die Hälfte übersteigen, so stünde ein komplizierter, von schwierigen Übergangsfristen und Zustimmungsregeln geprägter Wechsel in den privaten Haftungsverbund bevor. Der Nachteil ist nun: Eine Minderheitsbeteiligung ist für viele Investoren nur wenig reizvoll – auf der anderen Seite bremsen aber auch Gewerkschaften, die im Fall eines stärkeren Einflusses der Privaten einen Personalabbau befürchten.


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Wieso ist die Braunschweiger Landessparkasse ein so großes Problem? Bei der Entstehung der Nord/LB 1970 erbte die Landesbank die traditionelle Regel im alten Braunschweiger Land, wonach die Sparkasse nicht im kommunalen, sondern im Landesbesitz war. Da es in der Sparkassenfamilie als Tabu gilt, private Eigentümer über Sparkassengeschäfte bestimmen zu lassen, kommen nun eigenartige Modelle auf den Tisch: Man solle die Landessparkasse „einkapseln“ in der Nord/LB – also der Bestimmungsgewalt privater Miteigentümer entziehen. Wie das praktisch geschehen kann, bleibt unklar – wahrscheinlich ist aber, dass solche Überlegungen die Kauflust privater Investoren zusätzlich dämpfen. Deshalb liegt näher, dass die Nord/LB diesen lukrativen Teil der Landessparkasse abgibt und die Kommunen des Braunschweiger Landes den Teil übernehmen. Diese zeigen aber, ebenso wie der Sparkassenverband, bisher wenig Neigung, dafür Geld aufzubringen. Das Land müsste dann wohl stützend eingreifen.

Wieso ist die Fusion mit einer anderen Landesbank derzeit der naheliegendere Weg? Schon nach der großen Bankenkrise 2010 wollte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Fusion der Landesbanken – auch zum Zwecke ihrer Eigenkapitalstärkung – vorantreiben. Es kam dann nicht zu einem großen Wurf, aber Schäubles damalige Überlegungen gedeihen in der Bundesregierung noch heute. Womöglich könnte der Bund es mit einem Bonus belohnen, wenn die Nord/LB sich mit einer anderen Landesbank zusammenschlösse. So wäre das leidige Problem mit privaten Geldgebern umgangen, alles bliebe in öffentlicher Hand – auch die Sparkassen könnten damit leben. Allerdings würde sich die Frage des Hauptsitzes stellen. Die Landesbank Baden-Württemberg hat eine wesentlich größere Bilanzsumme als die Nord/LB – und auch mehr Mitarbeiter. Eine „Nord-Süd-Landesbank“ würde daher vermutlich ihre Zentrale in Stuttgart haben – das schreckt die Hannoveraner ab. Offen ist die Antwort auf diese Frage, wenn es zu einem Zusammengehen von Nord/LB und Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) käme, also zu einer „Nord- und mitteldeutschen Landesbank“. Die Bilanzsumme der Helaba ist etwas kleiner als die der Nord/LB, die Mitarbeiterzahl bei beiden in etwa gleichgroß. Nur: Die Nord/LB wäre treibende Kraft bei der Fusion, die Helaba hat gegenwärtig erkennbar gar keinen Handlungsdruck.

Wieso sollte die Helaba als Entgegenkommen für Wünsche aus Niedersachsen freiwillig ihren Hauptsitz opfern? Immerhin: Wegen dieses Größenverhältnisses könnte eine gleichmäßige Aufteilung der Funktionen auf beide Standorte Frankfurt und Hannover (und daneben noch im geringeren Maße Braunschweig und Magdeburg) vereinbart werden. Maßgeblich wäre auf hessischer Seite der dortige Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, der 68 Prozent an der Helaba hält – während die Sparkassen in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern auf der Nord/LB-Seite gerade im Begriff sind, ihre Minderheitenanteile zu verringern oder jedenfalls nicht aufzustocken. Das heißt: Falls es zu einer solchen Fusion käme, müsste das Kräfteverhältnis zwischen Bundesländern und Sparkassen der beteiligten Gebiete sowieso neu austariert werden. (kw)