Warum die Nord/LB die HSH Nordbank nicht übernehmen soll
Besorgt blicken die niedersächsischen Finanzexperten nach Hamburg und Kiel: Die dort ansässige HSH Nordbank, in eine Schieflage geratene Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein, braucht einen Käufer. Kommt bis Februar 2018 kein neuer Eigentümer, so muss die Bank nach den Vorgaben der EU-Kommission „abgewickelt“ werden. Das aber, heißt es, könnte womöglich auch die Sparkassen in Deutschland mit in einen Sog reißen. Soll also die Nord/LB mit Sitz in Hannover als Erwerber auftreten? Immer wieder wird darüber spekuliert – allerdings werden auch gezielt Gerüchte verbreitet. Denn mag ein solcher Schritt auch sinnvoll sein, um die Landesbanken-Landschaft in Deutschland neu zu ordnen, so passt er aktuell doch überhaupt nicht ins Konzept. Deshalb haben intern alle wichtigen Akteure in der Nord/LB unmissverständlich klar gemacht: Sie wollen keine Übernahme der HSH durch die Nord/LB.
Am Mittwoch steht zur Ausrichtung der Nord/LB eine Unterrichtung im Haushaltsausschuss des Landtags an. Auf den Parlamentsfluren wird jetzt schon getuschelt, denn eigentlich sind es zwei Themen – der Fall HSH und der Zustand der Nord/LB selbst. Beide haben durchaus miteinander zu tun. Bei einer bundesweiten Neuordnung der Landesbanken läge eine „Nord-Lösung“ durchaus nah, und weil die HSH so angeschlagen ist, wäre das auch mit einer Zentrale in Hannover denkbar. Die Nord/LB könnte also ihr Gebiet ausweiten und eine Nord/LB im wortwörtlichen Sinn werden. Doch es gibt große Probleme, denn die HSH tummelt sich in den Feldern, in denen auch die Nord/LB und die von ihr kürzlich übernommene Bremer Landesbank (BLB) aktiv sind – Schiffskredite, Windkraft, Investitionen an der Küste. Eine einzige große Nord-Landesbank würde ein „Klumpenrisiko“ bilden, eine Anhäufung von schon bekannten Sorgen, der Umfang der problematischen Geschäftsfelder würde dann also noch größer werden.
Das führt zu den Problemen der Nord/LB. Die Schiffskredite machen der Bank zu schaffen, denn weil der Welthandel noch nicht so anspringt wie erhofft, geraten viele Reeder in Schwierigkeiten – und die strengen Auflagen der Bankenkontrolle zwingen zu sehr vorsichtigen Planungen der Nord/LB. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die BLB und ihre Schiffskredite die Nord/LB stärker belasten als bisher vermutet. Für die BLB und den Standort Bremen wird das, so heißt es im Landtag, vermutlich drastische Konsequenzen haben. Das BLB-Ergebnis trägt auch zum absehbaren Defizit der Nord/LB für 2016 bei – und erhöht die Spannung vor der Bekanntgabe der Zahlen Anfang April. Manche mutmaßen, das Defizit könne dann bis zu zwei Milliarden Euro betragen. Das entspräche dann genau der Risikovorsorge für 2016. Ob das so eintreten kann, sagt die Bank offiziell nicht. Ein Sprecher sagte dem Rundblick, die Nord/LB sei „ausreichend kapitalisiert, um den Verlust aus eigener Kraft zu verarbeiten“.
Die düsteren Erwartungen haben Folgen für die Bank: Wenn das Defizit noch weiter steigt, könnte die Nord/LB über kurz oder lang in Schwierigkeiten kommen, weil dann die Eigenkapitalbasis womöglich nicht mehr ausreichen könnte. Da nicht mehr viele stille Einlagen in Anteile umgewandelt werden können, müssten die Eigentümer – vor allem die beiden größten, das Land Niedersachsen und der Niedersächsische Sparkassenverband (NSV) – Geld nachschießen. Zwar sind die Kassen des Landes voll, doch der Weg wird trotzdem als überaus riskant eingestuft, denn jede Kapitalerhöhung würde die EU-Wettbewerbshüter auf den Plan rufen, es käme zu einem Beihilfeverfahren und womöglich zu strengen EU-Auflagen für die Landesbank. Dies wollen die Eigentümer vermeiden. Der Nord/LB-Sprecher sagt auch, die Notwendigkeit zur Kapitalerhöhung bestehe nicht. Der naheliegende Weg wäre dann vermutlich eher ein Schrumpfen der Geschäftsfelder der Nord/LB: Sie würde Zug um Zug aus der Schiffsfinanzierung aussteigen und Problemgebiete abstoßen. Der Griff nach neuen, verlockenden Aufgaben – auch etwa nach der HSH – passt hier nicht ins Bild. Offiziell heißt es auch ganz klar: „Wir haben kein Interesse an einer Übernahme der HSH Nordbank.“
Außerhalb Niedersachsens allerdings, so scheint es, haben manche durchaus ein Interesse daran, eine mögliche Fusion von Nord/LB und HSH herbeizureden. Das wäre durchaus im Sine von Hamburg und Schleswig-Holstein, denn beide hätten dann eine Sorge weniger – die hohen Garantien von zusammen 10 Milliarden Euro, die beide Länder sonst tragen müssten, würden dann nicht fällig. Würde denn bei einer drohenden Abwicklung der HSH, also in dem Fall, dass sich gar kein Käufer fände, auch der Sparkassen-Haftungsfonds in Mitleidenschaft gezogen? Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat darüber vor ein paar Tagen spekuliert – und die dort wiedergegebene Darstellung legt die Vermutung nah, die Nord/LB als Retter der HSH könne Deutschlands Sparkassen vor einem für sie teuren und unangenehmen Hilfseinsatz für die HSH bewahren. Ob das so stimmt, darf man aber bezweifeln, da der Haftungsverbund der Sparkassen eigentlich unter ganz anderen Vorzeichen funktioniert – er soll nur vorübergehend einspringen, um eine angeschlagene Bank wieder fit zu machen. Dass das bei einer eigenständigen HSH klappen könnte, wird jedoch stark bezweifelt. (kw)