Es gibt mit Beginn dieser Woche einen strahlenden Wahlsieger – und das in Niedersachsen. Richtig, die Kommunalwahlen sind erst in elf Monaten, parallel mit zahlreichen Neuwahlen der Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister im Lande. Und die Landtagswahl, die folgt dann erst in zwei Jahren, vielleicht im Spätsommer 2027, vielleicht auch erst im Herbst. Trotzdem gibt es heute schon einen Wahlsieger. In einem kleinen Ausschnitt des Landes, in einem von 45 Landkreisen und kreisfreien Städten, fand die Wahl eines Landrates statt. Und es gibt ein klares Ergebnis. Philipp Raulfs (34), bislang finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, hat für die Sozialdemokraten ein glänzendes Resultat erreicht. 53,6 Prozent im ersten Wahlgang. Glückwunsch von dieser Stelle!
In der Überschrift dieser Kolumne steht nun der Begriff „Testwahl“. Das impliziert, dass die Wahl im Kreis Gifhorn Signalwirkung haben könnte für das ganze Land Niedersachsen. Diese These mag nun sehr gewagt sein, denn mit seinen 1600 Quadratkilometern Fläche gehört Gifhorn zwar zu den größeren Kreisen, liegt aber mit knapp 176.000 Einwohnern eher im Mittelfeld, ragt also nicht hervor. Sicher, es traten zwei Landtagsabgeordnete an, um neuer Landrat zu werden. Aber folgt daraus schon eine landesweite Bedeutung, kann man deshalb von „Testwahl“ sprechen? Ist es nicht nur ein kleiner Teil des Landes, der nicht viel aussagt für das Ganze?

Eher nicht. Das ganze „Testwahl“-Gerede ist zwar höchst umstritten. Viel spricht dafür, dass in politisch aufgeregten und wechselvollen Zeiten wie heute leicht versucht wird, jede Wahl in ihrer Bedeutung zu überhöhen. Ist das ansehnliche Resultat des AfD-Kandidaten (19,0 Prozent) nun Ausdruck der momentanen Stärke der AfD oder im Gegenteil ein Beleg für das „Ende des Höhenflugs“ dieser Partei? Hat die SPD geschickt gehandelt, dass sie einen Bewerber aufstellte, der gleich auch die Unterstützung der Grünen erfuhr und daher das rot-grüne Lager geschlossen mobilisiert hat? Das ist sehr gut möglich. Oder ist das spitzenmäßige Resultat von Philipp Raulfs doch eher ein Beleg dafür, dass konservative, bodenständige Typen wie er als Kandidaten der SPD besser beim Wähler ankommen? Und warum schafft es die CDU nicht, in einer ländlichen Region wie Gifhorn vor der SPD zu liegen – ist das gar ein Beleg für die Schwäche der Christdemokraten nicht nur in Gifhorn, sondern in ganz Ost-Niedersachsen?
Über diese Fragen dürfte heute in den Parteizentralen von SPD, CDU, Grünen und AfD munter diskutiert werden. Dabei sei an dieser Stelle mal der vorsichtige Hinweis erlaubt, dass eine einzige Wahl nicht automatisch zur „Testwahl“ erklärt werden kann, gleichwohl aber Signale aussendet. Noch immer gilt ja auch der Grundsatz, Kommunalwahlen hätten „ihre eigenen Gesetze“, und Bürgermeister- und Landratswahlen als Persönlichkeitswahlen allemal. Wenn man also Schlussfolgerungen ziehen will, dann können das höchstens einige wenige sein, noch dazu sehr spezielle. Hier kann man sagen, dass der Erfolg von Philipp Raulfs für diesen jungen und engagierten SPD-Mann spricht. Er konnte gute Arbeit im Landtag mit guter Arbeit als ehrenamtlicher Bürgermeister verknüpfen – und dürfte, wenn er am Ende Landrat wird, im Gremium des Landkreistages keine unwichtige Rolle spielen. Von dem 34-Jährigen wird in Zukunft noch einiges zu hören sein. Die SPD in Niedersachsen hat nun einen Hoffnungsträger mehr. Und die CDU? Sie muss sich fragen, ob sie auch in ländlichen Regionen ihre Basisarbeit erheblich verstärken muss.
Der Rundblick von heute befasst sich mit diesen Themen:
Ich wünsche Ihnen einen schönen Wochenstart – begleitet mit einigen Gedanken an den Wahlausgang in Gifhorn,
Klaus Wallbaum


