17. Dez. 2025 · 
HintergrundParteien

Wahlen und ein drohendes Urteil: 2026 wird aufregend, vor allem für Finanzminister Heere

Fünf Landtagswahlen und drei Kommunalwahlen prägen das neue Jahr 2026 - darunter auch die Kommunalwahl bei uns am 13. September. Die Folgen könnten erheblich sein.

Die Wetten sind eröffnet: Werden in einem Jahr, kurz vor Weihnachten 2026, die Vorbereitungen für die Aufzeichnungen von zwei Neujahrsansprachen gestartet – für Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) in Hannover und für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Berlin? Die Zweifler an der Stabilität der politischen Verhältnisse werden lauter, und so kann man auf beide Szenarien zwar mit „wahrscheinlich“ antworten. Aber sicher ist niemand.

Hier ein paar Daten, die schicksalhaft für die Politik werden könnten:

Das Foto zeigt einen lächelnden Mann mit Bart im forum des Landtages.
Finanzminister Gerald Heere | Foto: Wallbaum
  • Karlsruher Urteil zur Beamtenbesoldung: Seit 2005 gibt es jedes Jahr Widersprüche von zehntausenden Landesbeamten in Niedersachsen gegen ihre Besoldung. Es geht um den Vorwurf, die Bezüge der niedrigen Besoldungsgruppen lägen nicht - wie bereits vom Bundesverfassungsgericht verlangt - um mindestens 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau. Mehrere Musterklagen wurden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Nun wird für die erste Jahreshälfte 2026 mit einem Urteil der Richter zu den niedersächsischen Klagen gerechnet, denn eine ähnliche Entscheidung zur Beamtenbesoldung im Land Berlin wurde erst im vergangenen November veröffentlicht. Nach diesem Richterspruch stellen sich die Landespolitiker in Niedersachsen darauf ein, dass Karlsruhe die bisherige Beamtenbesoldung für verfassungswidrig erklären könnte - vielleicht sogar die aktuelle, seit 2023 geltende Regelung, die mit "Familienergänzungszuschlägen" für kinderreiche Beamte mit geringem Einkommen arbeitet. Karlsruhe könnte Niedersachsen zur Anpassung der Vorschriften verurteilen, womöglich aber auch zu Nachzahlungen, die schlimmstenfalls einen Betrag von 750 Millionen Euro jährlich umfassen könnten. Das könnte sich auf mehrere der 20 Jahre beziehen, in denen Beamte Widersprüche eingereicht hatten. Das heißt: Womöglich wird das Land 2026 über einen Nachtragsetat erhebliche Summen nachträglich zur Stärkung der Beamtenbesoldung bereitstellen müssen. Das könnte dann zu Lasten aller bisher angehäuften Rücklagen und Puffer gehen. Erst am 15. Dezember hatte die Landesregierung auf Vorschlag von Finanzminister Gerald Heere (Grüne) eine "Einmalzahlung" für Beamte beschlossen, um damit für 2025 den nötigen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau zu gewährleisten: 800 Euro für die Besoldungsgruppen A5 bis A8, 500 Euro für alle, die darüber liegen. Allerdings ist dieser Gesetzentwurf anders als erwartet bisher zwar an den Landtag übersandt worden, soll aber noch um eine Bewertung des im November veröffentlichten Berlin-Urteils aus Karlsruhe ergänzt werden. Das Finanzministerium teilt mit, die Berechnungen dazu würden gerade laufen.


  • Wahlen im März: Sollte die SPD bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 22. März so schlecht abschneiden, dass sie aus der Regierung fliegt, so kann das Folgen für Berlin haben. Die Autorität der Parteiführung könnte leiden, womöglich könnte ein Ausstieg der SPD aus der Bundesregierung die Folge sein. Wenn die AfD in Rheinland-Pfalz und bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 8. März erhebliche Gewinne erzielt und dies zu Lasten der CDU gehen sollte, könnte auch die Position von Kanzler und CDU-Chef Friedrich Merz geschwächt werden. Das gilt im Übrigen auch, wenn die CSU bei den bayerischen Kommunalwahlen am 8. März erheblich Federn lassen müsste. Spannend ist auch die zeitliche Ballung: In der heißen Phase der Wahlkämpfe im Süden der Republik muss Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens entscheiden, ob der AfD-Landesverband als „gesichert rechtsextremistisch“ hochgestuft werden soll.
Ort für Landtagswahlen - der Landtag von Rheinland-Pfalz in Mainz. | Foto: Wallbaum
  • Landtagswahlen im September: In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern könnte die AfD strahlender Sieger der beiden Landtagswahlen am 6. und 20. September werden. Würde die Partei sogar in die Regierungsverantwortung rücken, bekäme das Thema „Wie umgehen mit der AfD“ auf einmal eine ganz andere Bedeutung, womöglich gar Wendung. Der Zusammenhalt der Bundesrepublik stünde auf einmal zur Diskussion. Die Frage ist, ob der Streit darüber die Bundesregierung zum Platzen bringen könnte.


  • Kommunalwahl in Niedersachsen: In den vergangenen Jahrzehnten hatten Kommunalwahlen in Niedersachsen stets einen beruhigenden Effekt: Auf die starke Stellung von CDU und SPD, sowohl in den Vertretungen wie bei der Bestimmung der Bürgermeister und Landräte, war Verlass. Die eigentliche Stärke der Landesverbände liegt auch in dieser kommunalen Verankerung. Die Grünen sind hier in jüngster Zeit stärker geworden, die AfD konnte nur vereinzelt einige Erfolge verbuchen. Wenn diese Gewissheiten bei der Kommunalwahl in diesem Jahr erschüttert werden sollten, hätte das vermutlich erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität der politischen Verhältnisse im Landtag.
Anfänglicher Tagungsort des Landtags - der Kuppelsaal in Hannover, hier später bei einem IHK-Neujahrsempfang. | Foto: Insa Cathérine Hagemann
  • Landesgeburtstag am 1. November: Niedersachsen feiert als Bundesland am 1. November 2026 seinen 80. Geburtstag. Dies ist zwar kein politisches Ereignis, zwingt aber dennoch zu tiefgründigen Betrachtungen: Seit Monaten werden die langsamen Entscheidungsabläufe und Reformprozesse in der Bundespolitik der bürokratischen Überregulierung zugeschrieben – und diese wiederum wird auf den Föderalismus zurückgeführt, das komplexe Zusammenspiel kaum durchschaubarer Kompetenzen von Bund, Ländern, Kommunen, EU, Sozialversicherung und Selbstverwaltungsorganen. Das Risiko eines womöglich erheblichen AfD-Machtzuwachses in den Landtagen alarmiert jene, die schon immer die Länderkompetenzen zugunsten derer des Bundes bescheiden wollten. Womöglich flammt im Jahr 2026 diese Diskussion erneut auf, womöglich wird sie nun auch emotionaler und heftiger geführt, da das Thema nicht mehr nur juristische Experten interessiert. Gleichwohl: Ohne Verfassungsänderungen im Grundgesetz und womöglich auch in den Länderverfassungen wird es wohl nicht gehen. Dies setzt aber eine breite Verständigung voraus - zwischen CDU/CSU, SPD und Grünen im Bundestag - und auch mit Beteiligung der Linkspartei, da die anderen jegliche Verständigung mit der AfD ablehnen. Ob aber ein derartiger Kraftakt in einem Wahlkampfjahr wie 2026 überhaupt gelingen kann, wenn die Parteien doch gleichzeitig zur Betonung ihrer Unterschiede aufgefordert sind, ist mehr als fraglich.
Dieser Artikel erschien am 18.12.2025 in Ausgabe #226.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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