Erst war die Hoffnung groß, nun dauert alles länger. Als die neue Koalition vorvergangenes Jahr in ihren Vertrag schrieb, die Polizei solle demnächst auch Hubschrauber bekommen, um das Spezialeinsatzkommando zu transportieren, machte man sich bei der Zentralen Polizeidirektion (ZPD) schon bereit für eine Leistungsbeschreibung. Doch zurzeit liegen die Planungen auf Eis, denn es ist kein Geld da. Im Haushalt für 2019 ist nichts verankert. Für Innenminister Boris Pistorius ist das kein Grund zur Besorgnis, schließlich ist die Legislaturperiode noch lang. Allzu viel Zeit sollte sich die Regierung bei dem Thema allerdings nicht lassen. Denn von der Stange gibt es die Hubschrauber nicht, jeder muss einzeln für die Polizei angefertigt werden. Es können daher gut zwei Jahre vergehen, bis der erste Hubschrauber einsatzbereit ist. Dazu kommt das Tempo bei den Innovationen. Je länger man wartet, desto teurer werden die Geräte. Schon jetzt kann man mit Kosten von mindestens 15 Millionen Euro pro Stück rechnen.

Transport via Hubschrauber wäre Ideallösung

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Terroristen sich längst nicht mehr auf Großstädte beschränken. Zudem geht es ihnen nicht mehr darum, Geiseln zu nehmen, sondern möglichst viele Menschen zu verletzten und zu töten. Zeit ist daher ein wesentlicher Faktor. Niedersachsen stellt das vor ein Problem. Denn das Spezialeinsatzkommando (SEK) hat seinen Hauptsitz in Hannover, bis zu den Touristenregionen an der Nordsee aber ist es eine Fahrt von mehreren Stunden. Innenminister Pistorius hat im vergangenen Jahr auf die veränderte Bedrohungslage reagiert und einen zweiten SEK-Standort in Oldenburg gegründet, der im Sommer dieses Jahres in Betrieb genommen werden soll. Doch auch von dort braucht das SEK mit den derzeit zur Verfügung stehenden Transportmitteln viel Zeit, um in die West- und Ostteile des Landes zu kommen. Die Ideallösung wäre daher der Transport via Hubschrauber. Der Vorteil lässt sich schon bei den im Einsatz befindlichen Aufklärungshubschraubern erkennen. Diese können von ihren Standorten in Hannover-Langenhagen und Rastede in knapp 30 Minuten jeden Ort in Niedersachsen erreichen.

Leistungsbeschreibung kann schnell veralten

Derzeit fliegt die Hubschrauberstaffel der Polizei Niedersachsen mit vier Hubschraubern, zwei Exemplare des Modells MD 902 und zwei Eurocopter 135. Beide sind jedoch für eine maximale Traglast von knapp 3000 Kilogramm ausgelegt, es gibt nur vier Plätze. Diese werden vom Piloten, dem Flugtechniker und dem Operator besetzt, Transporte können die Hubschrauber also nicht leisten. Experten zufolge muss dafür eine Maschine angeschafft werden, die gut 4000 Kilogramm Traglast hat. Wie etwa der Eurocopter 145, der seit kurzem etwa in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg im Einsatz ist. Doch neben der Traglast gibt es noch eine ganze Reihe anderer Faktoren, die die Ausschreibung eines Helikopters für die Polizei umfangreich und kompliziert machen. Hubschrauber, die auch für die Aufklärung eingesetzt werden sollen, müssen zum Beispiel über ein Antennensystem zur Handyortung, Wärmebildkameras und Scheinwerfer verfügen. Wird zudem das SEK transportiert, so müssen deren Anforderungen hinsichtlich ihrer Ausrüstung Berücksichtigung finden. Dazu gibt es laufend technische Änderungen auf dem Markt, die beachtet werden müssen. Aus diesem Grund wird es auch keine Leistungsbeschreibung bei der ZPD geben, solange das Innenministerium nicht den konkreten Auftrag zur Beschaffung eines Polizeihubschraubers gibt. „Durch die Innovationsgeschwindigkeit gerade im Bereich der Fluggerätetechnik ist es nicht angeraten, quasi ,auf Vorrat‘ eine Leistungsbeschreibung zu erstellen, die bei einer Ausschreibung schon wieder veraltet und überarbeitungsbedürftig sein kann“, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums.


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Bei der Polizei wünscht man sich die größeren Hubschrauber. Für die Hubschrauberstaffel sei das eine Aufwertung, wenn man mehr Leistungen anbieten könnte, heißt es intern. Und auch die Gewerkschaft der Polizei spricht sich dafür aus, dass endlich Tempo bei der Beschaffung gemacht wird. „Wenn man das so explizit in den Koalitionsvertrag schreibt, dann darf man dieses Versprechen nicht auf die lange Bank schieben“, mahnt der Landesvorsitzende der GdP, Dietmar Schilff. Eine Verzögerung von einem Jahr könne man hinnehmen, aber im Hinblick auf die Zeit bis zur Beschaffung müsse man das Thema schnell angehen. „Wobei man schon fragen muss, warum jetzt nichts eingestellt wurde, wo doch mit der VW-Milliarde und dem üppigen Haushaltsbudget genug Geld da ist.“