3. Nov. 2020 · 
Soziales

Verbände fordern mehr Beteiligung der Jugend

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie fordern Jugend- und Familienverbände die Politik auf, die junge Generation künftig bei politischen Entscheidungen wieder stärker mit einzubinden. So schließt sich etwa die Initiative „Familien in der Krise“ (FidK) dem Appell der Bundes-Kinderkommission an, wonach Familien, Kinder und Jugendliche wieder stärker in den Fokus der Politik gerückt werden sollen. Die Initiative sieht zu diesem Zweck mittelfristig die Einrichtung von Institutionen „zur Etablierung und Überwachung von Kinderrechten“ als dringend geboten an. Die Familien-Initiative kritisiert, dass die Kinderkommission des Bundes erst im Februar Empfehlungen abgeben möchte, wie die Politik künftig besser mit Kindern, Jugendlichen und Familien in Krisensituationen wie zuletzt während des Corona-Shutdowns umgehen soll. Denn es ist schon die bevorstehende Erkältungssaison, die den Eltern Sorgen bereitet. Sina Denecke, Sprecherin von FidK-Niedersachsen, schlägt im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick deshalb vor, die bereits bestehende Kinder- und Jugendkommission auf Landesebene bei künftigen Entscheidungen zu Corona-Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche betreffen, stärker und vor allem früher mit einzubeziehen.
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Auch der niedersächsische Landesjugendring (LJR) mahnt eine intensivere Beteiligung von Jugendlichen an politischen Entscheidungsprozessen an. „Die Einschätzung, dass es in den letzten Monaten kaum Partizipationsmöglichkeiten für junge Menschen gab, teilen wir“, erklärt LJR-Geschäftsführer Björn Bertram auf Anfrage des Politikjournals Rundblick. In direktem Bezug auf die Corona-Pandemie vertritt der LJR die Ansicht, dass es sinnvoll wäre, junge Menschen etwa vor der Einführung von neuen Schutzkonzepten und Umgangsregeln zu fragen. „Nach unserer Wahrnehmung haben aber beispielsweise Schulen in der Regel nicht die Schülervertretungen in die Entwicklung der Hygienekonzepte einbezogen, auch Kommunen haben die Nutzer bei der Öffnung von Spielplätzen oder bei der Öffnung von öffentlichen Einrichtungen nicht einbezogen.“ Dabei könnte über mehr Partizipation auch die Akzeptanz für die Verhaltenskonzepte gesteigert werden, ist man beim LJR überzeugt und ging deshalb mit gutem Beispiel voran: „Wir haben in unseren Empfehlungen für Hygienekonzepte in der Jugendarbeit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, die konkreten Regelungen für die Jugendgruppen, Freizeiten und so weiter mit den Jugendlichen zu diskutieren und als Teil der gesetzlichen Regelungen auszugestalten“, erklärt der LJR-Geschäftsführer. Teilweise habe das sogar dazu geführt, dass die Möglichkeiten der Corona-Verordnung gar nicht ausgereizt worden seien. Manche Gruppen hätten von sich aus die Teilnehmerzahl enger begrenzt. „Festzustellen ist, dass dies alles zu einem sehr verantwortungsbewussten Umgang geführt hat und uns aus den Sommermaßnahmen nicht ein Fall bekannt ist, dass sich Teilnehmende von Ferien-Aktionen bei der Maßnahme infiziert hätten.“

Perspektive auf Kommunalwahlen bereitet Sorgen

Die Sorge des LJR richtet sich jedoch auch in die Zukunft. Der Verband stellt fest, dass derzeit nach wie vor deutlich weniger Möglichkeiten zur Partizipation bestünden, die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen habe im Sommer längst nicht wieder das „Vor-Corona-Niveau“ erreicht. Bereits geplante Beteiligungsprojekte mussten aufgrund der Corona-Verordnung abgesagt werden. Derzeit planen Jugendverbände und -gruppen sehr viel seltener öffentliche Veranstaltungen, bei denen in der Vergangenheit auch häufig Politiker geladen worden waren. Es fehle derzeit meist der Begegnungsraum zwischen Politik, Verwaltung und jungen Menschen, bemängelt LJR-Geschäftsführer Bertram. Vor allem im Hinblick auf die 2021 anstehenden Kommunalwahlen sei das problematisch. „Wichtig ist hier aus unserer Sicht, dass Politik und Verwaltung grundsätzlich bei anstehenden politischen Entscheidungen prüfen, ob junge Menschen davon in besonderer Art und Weise betroffen sind und dann eine Beteiligung ermöglichen – auch in der Corona-Pandemie.“ Als Lösung schlägt der LJR den Rückgriff auf digitale Anwendungen vor. Bei der Umsetzung könne der Verband Kommunen und Organisationen auch unterstützen. Allerdings merkt Bertram an, dass der Wegfall von echten Begegnungen dadurch nur teilweise kompensiert werden könne.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #197.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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