Die abrupte Ablösung des kommissarischen Präsidenten der Zentralen Polizeidirektion (ZPD), Uwe Lange, hat in der niedersächsischen Polizei viele Diskussionen ausgelöst. Bisher verharren sowohl die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wie auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Schweigen zu dem Vorgang. Doch sowohl bei vielen Polizeibediensteten als auch in den Landtagsfraktionen wird eifrig über den Vorgang spekuliert. Hat Innenministerin Daniela Behrens (SPD) an dieser Stelle womöglich zu heftig reagiert?

Daniela Behrens hat offenbar kein Vertrauen mehr in den ehemaligen ZPD-Chef Uwe Lange. | Foto: Link (Archiv)

Oder sind neben den Vorwürfen, die bisher öffentlich wurden, noch weitere vorhanden, die ein kurzfristiges und hartes Reagieren der Ministerin rechtfertigen könnten? Der 57-jährige Lange, der als CDU-nah gilt, wird zur Polizeiakademie abgeordnet. Er war erst im März mit der Wahrnehmung der Geschäfte als Polizeipräsident beauftragt worden – nachdem die bisherige ZPD-Präsidentin Christiana Berg aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt worden war.

Am Montag hatte ein Sprecher von Behrens mitgeteilt, Lange werde „mit sofortiger Wirkung von der Aufgabe der Wahrnehmung der Geschäfte des ZPD-Präsidenten entbunden“. Hintergrund sei eine „dienstrechtliche Prüfung“ wegen Hinweisen auf Verfehlungen Langes „bei der Wahrnehmung seiner Führungsaufgaben“. Weitere Auskünfte lehnte das Ministerium ab.

Lange hat sich zu Vorwürfen noch nicht äußern können

Bekannt ist inzwischen Folgendes: Lange wird abgelöst, obwohl er bisher noch keine Gelegenheit hatte, sich in einem Disziplinarverfahren zu den Vorwürfen zu äußern. Auslöser ist offenbar die Beschwerde einer bei der ZPD tätigen Polizeibeamtin, die mehrere Zeuginnen benannt haben soll. Der bisher bekannte Sachverhalt lautet, Lange habe gegenüber einem Mitarbeiter, der wiederholt vor weiblichen Polizeibediensteten übertrieben hart aufgetreten ist, zu große Nachsicht geübt. Dabei werden diesem Mitarbeiter keine tätlichen Übergriffe vorgeworfen, wohl aber verbale Entgleisungen.

Lange selbst soll die Position vertreten, den Mitarbeiter sehr wohl in die Schranken gewiesen zu haben – und das habe in einigen konkreten Fällen auch Erfolg gehabt. In der Behörde soll Lange über den Mann allerdings auch gesagt haben: „Er ist eben, wie er ist – und wir werden ihn nicht ändern können.“ Wenigstens einige der Vorgänge, die jetzt eine Rolle spielen, liegen wohl schon mehrere Monate zurück und reichen in die Zeit, in der Lange als ZPD-Vizepräsident die Behörde leitete. Bei denen, die zu Lange stehen, wird noch ein anderer Hinweis gegeben: In der ZPD agiere jetzt in dieser Sache eine Mitarbeiterin, die schon seit vielen Jahren mit der ZPD-Behördenleitung im Clinch liege – damals auch mit Langes Vorgängerin Berg. Das schmälere die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe.

„Klima der Angst“ in der ZPD?

Auf der anderen Seite soll die Beschwerdeführerin offenbar über ein angebliches „Klima der Angst“ in der ZPD geklagt haben – und sie hatte damit womöglich das eilige Vorgehen von Behrens in Gang gebracht. Aber rechtfertigt das die sofortige Ablösung von Lange? Der ganze Vorgang rüttelt die niedersächsische Polizei auf. Am Montag drückte ein langjähriger Funktionär der Gewerkschaft der Polizei (GdP) seinen Unmut in einem Facebook-Kommentar aus. Er beklagte sich über die „schlechte Fehlerkultur“ in der Polizei, wenn bei den geschilderten Anlässen sofort drastische Konsequenzen gezogen werden – und er drückte seine Wertschätzung für Uwe Lange aus, den er über viele Jahre als besonnenen und erfahrenen Kollegen kenne.

Der GdP-Mann bemängelte in diesem Zusammenhang, dass in den vergangenen Jahren mehrere leitende Polizeiführer abgelöst worden waren (so der Präsident in Göttingen und der Vizepräsident in Hannover), obwohl sich viele der gegen diese Personen erhobenen Vorwürfe anschließend nicht erhärtet hätten. Dieses Verhalten trage zu einer Schädigung des Ansehens der Polizeiführer bei und fördere nicht das eigenverantwortliche Verhalten von Polizei-Vorgesetzten. Später, am Dienstag, löschte der GdP-Funktionär seinen Facebook-Beitrag wieder.