Es gibt Tage, an denen man die Verkehrswende förmlich hupen hört. Gestern war so ein Tag. Denn gleich zwei Entwicklungen in Hannover zeigten, wohin die zwar temporeduzierte, aber hochautomatisierte Reise geht.
Zum einen schickt die Region Hannover einen autonomen Linienbus in den Testbetrieb. Das Projekt trägt den Namen „Albus“, was offiziell für „Autonomer Linien-Bus“ stehen soll. In Wahrheit dürfte die Namenswahl eher auf den weisen Meistermagier Albus Dumbledore aus dem „Harry Potter“-Universum zurückgehen: einen Mann, der magische Fortbewegung beherrschte, Bürokratie überlistete und dabei stets ein gewisses Understatement pflegte. Wenn das nicht den ÖPNV der Zukunft beschreibt, will ich verflucht sein.

Der Üstra-Albus fährt bald autonom durch den Mischverkehr in Burgdorf, folgt brav den Verkehrsregeln und macht Platz, wenn’s eng wird – was nur durch übernatürliche Kräfte zu erklären ist, denn im Berufsverkehr ist das eher unüblich. Begleitet wird er von menschlichem Fachpersonal, das an Bord sitzt und darauf achtet, dass der Bus nicht versehentlich nach Gleis 9¾ oder in den Verbotenen Wald abbiegt.
Währenddessen sieht man in der Stadt Hannover zwei andere Gestalten mit Zauberstab durch die Straßen ziehen: Oberbürgermeister Belit Onay und Stadtbaurat Thomas Vielhaber verwandeln Hauptverkehrsachsen in Tempo-30-Zonen, als gäbe es Butterbier zur Belohnung. Ihr bevorzugter Zauberspruch: „Reductio Velocitas!“ funktioniert inzwischen nicht nur vor Schulen, Kitas und Altenheimen, sondern auch überall dort, wo früher das Tempolimit nur mit viel Papierkram zu haben war.

Nicht überall kommt das gut an. Bei der Industrie- und Handelskammer des Schreckens fragt man sich bereits, ob Waren und Berufspendler künftig per Hexerei an ihren Zielort gelangen sollen. Tempo 30 flächendeckend auf Hauptverkehrsachsen gilt dort als Form dunkler Magie – und als Versuch, das magische Gleichgewicht der motorisierten Weltordnung zu stören. IHK-Geschäftsführer Mirko-Daniel Hoppe tritt bereits als Professor für Verteidigung gegen die Schwarzen Verkehrskünste auf und warnt vor einem üblen Bann, der den Wirtschaftsstandort lähmen könnte.
Auch abseits der Verkehrszauberei wird in Niedersachsen kräftig gehext. Im aktuellen Rundblick-Grimoire finden Sie dazu folgende Kapitel:
■ Finanzielle Zauberei: Eigentlich war eiserne Sparsamkeit angesagt. Doch nun schwebt plötzlich neue Neuverschuldung durch die Flure des Finanzministeriums – natürlich ganz im Sinne des geänderten Grundgesetzes.
■ Wohnen auf dem Zauberberg: Beim Kirchentag diskutierten Planer, Politiker und Pastorentöchter, wie man künftig wohnen soll: mit weniger Beton und mehr Gemeinschaft. An die Kirche ging der stille Wunsch: bitte nicht jedes leerstehende Pfarrhaus an einen projektentwickelnden Todesser verkaufen.
■ Wettzauber mit Nebenwirkungen: Lotto Niedersachsen blickt gespannt auf die Evaluation des Glücksspielstaatsvertrags. Die Sperrdatei wirkt inzwischen wie ein gut platzierter Schutzzauber – doch im Netz lauern weiterhin illegale Anbieter, gegen die selbst der beste Besen kaum ankommt.
Also dann: Tempo drosseln, Magie wirken lassen – und bitte achten Sie auf die Muggel im Gegenverkehr.
Mit zauberhaften Grüßen
Ihr Christian Wilhelm Link