TagesKolumne: Parteitagsrede for One
Als Einzelkämpfer kann man José Gomes nicht bezeichnen. Immerhin beobachtete ich während seiner Rede beim Landesparteitag in Celle zwei Parteigenossen, die ihm eifrig applaudierten. Dass er innerhalb der niedersächsischen FDP wie ein Außerirdischer wahrgenommen wird, weiß der studierte Luft- und Raumfahrttechniker aber selbst nur zu gut.
„Normalerweise würde ein Kandidat wie ich bestenfalls ein oder zwei Stimmen bekommen – das wissen wir spätestens seit dem letzten Jahr“, stellte er in seiner Bewerbungsrede zum Landesvorsitz selbstkritisch fest. Seine Anwesenheit auf dem Podium begründete er jedoch mit der tiefen Krise seiner Partei, die ums Überleben kämpfe. „Wäre die Situation anders, wäre ich ganz sicher nicht hier“, sagte er.
Beim Landesparteitag 2023 in Hildesheim hatte sich Gomes schon einmal für den Landesvorsitz beworben. Damals malträtierte er die Delegierten mit einer viel zu langen Grundsatzrede, die niemand hören wollte, und bekam nur eine Stimme. In Celle gab Parteitagspräsident Patrick Döring dem Redner daher folgenden Hinweis: „Die Dauer der Bewerbungsrede ist in der Regel reziprok zum Wahlergebnis.“ Doch der 59-Jährige aus Soltau agierte lieber nach dem Motto: „The same procedure as every year!“
Seiner nicht ganz 18-minütigen One-Man-Show fehlte leider aber nicht nur das Tigerfell als Slapstick-Element, auch rhetorisch hatte die Rede nicht das Zeug zum Silvesterklassiker. So mancher Zuhörer hätte während des Vortrags vermutlich lieber selbst einen auf Butler James gemacht und zu Sherry, Weißwein, Champagner und Portwein gegriffen – und in aller Verzweiflung vielleicht sogar zum Schluck aus der Blumenvase angesetzt.
Ebenso wie das legendäre „Dinner for One“ erscheint auch das Titelbild der heutigen Rundblick-Ausgabe in Schwarz-Weiß. Wir nehmen nämlich Abschied von Rolf Zick, dem Altmeister des niedersächsischen Politikjournalismus, der im Alter von 102 Jahren friedlich entschlafen ist. Als der NDR-Sketch „Dinner for One“ im Jahr 1963 erstmals auf den Fernsehbildschirmen flimmerte, hatte Zick gerade erst damit begonnen, über die Landespolitik in Hannover zu berichten.
Als Chefredakteur des „Nord-Reports“ prägte Zick jahrzehntelang die politische Berichterstattung. „Diese Rolle des Chronisten, des Landes-Historikers, hat Zick wie kein Zweiter erfüllt. Er kann sogar als einer der Niedersachsen-Historiker schlechthin bezeichnet werden“, schreibt Rundblick-Chefredakteur Klaus Wallbaum in seinem Nachruf.
Außerdem lesen Sie heute Neues zur Büroleiter-Affäre in der Staatskanzlei und Sie erfahren, warum die Vertreter der Kinder- und Jugendkommission zu Gast in der Landespressekonferenz waren.
Einen guten Start in die Woche wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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