Der Hausbau wird in Niedersachsen für Normalsterbliche immer unerschwinglicher. Seit 2015 sind die Kosten für den Wohnungsneubau um 53,9 Prozentpunkte gestiegen, die Reallöhne im gleichen Zeitraum dagegen nur um 1,7 Prozentpunkte. Der Traum vom Eigenheim muss deswegen aber längst nicht ausgeträumt sein. Wer sich das Fertighaus aus dem Musterhauskatalog nicht mehr leisten kann, kann ja einfach eine Gebrauchtimmobilie kaufen – zum Beispiel eine Burg, ein Schloss oder ein Herrenhaus. Im Vergleich mit anderen Bundesländern gibt es feudale Wohnsitze in Niedersachsen nämlich geradezu zum Schnäppchenpreis – behauptet zumindest eine fragwürdige Studie, die vor wenigen Tagen im E-Mail-Postfach der Rundblick-Redaktion einging.
„Niedersachsen ist das zweitbeste Bundesland für potenziellen Schlossbesitz“, heißt es dort. Der Durchschnittspreis für ein Schloss oder eine Burg liege bei 770.000 Euro. Und da das verfügbare Haushaltseinkommen in Niedersachsen rund 49.900 Euro beträgt, bedeute dies, "dass ein Haushalt für den Kauf eines Schlosses etwa 15,54 Jahre verfügbares Einkommen benötigen würde". Wenn Sie also jetzt mit dem Sparen anfangen, auf jeglichen Luxus verzichten und nur noch von Trockenbrot sowie Leitungswasser leben, können Sie schon 2039 in Ihr neues herrschaftliches Domizil einziehen. Und das Beste daran: Durch das lange und entbehrungsreiche Sparen haben Sie sich auch noch optimal auf die Zeit als Schlossherr oder Burgfräulein eingestimmt. Denn mit einem Durchschnittsverdienst werden Sie Ihr verfügbares Haushaltseinkommen künftig komplett für Heizöl oder Sanierungskosten aufwenden dürfen.

Wer aber veröffentlich überhaupt so eine Studie? Der Bundesverband der nicht ausgelasteten Sanierungsfirmen? Die Vermittlung historischer Immobilien OHG? Die Gesellschaft verarmter Adeliger? RTL 2? Nein, als Auftraggeber wird eine Werbeseite für Online-Casinos angeführt. Natürlich! Da hätte man auch von selbst drauf kommen können, denn schließlich ist auch der Kauf eines gebrauchten Schlosses nichts anderes als ein Glücksspiel.
Fragen Sie nur mal das Land Niedersachsen. Das hatte 2019 das Schloss Marienburg in eine Stiftung überführt und eine Sanierung des historischen Gebäudes anvisiert, die mit 27 Millionen Euro veranschlagt war. Nachdem der gemeine Hausschwamm mittlerweile schon die ersten Balken zerfrisst und die Sanierungskosten ebenso explodiert sind wie die eingangs erwähnten Baukosten, dürfte sich das Vorhaben allerdings deutlich verteuert haben. Vielleicht verraten Wissenschaftsminister Falko Mohrs und der hannoversche Regionspräsident Steffen Krach ja am Freitag, wie viele niedersächsische Durchschnittshaushaltseinkommen nun für die Sanierung des Märchenschlosses nötig sind. In einem Pressegespräch wollen die beiden Vorstandsmitglieder des Stiftungsrats nämlich erzählen, wie es mit dem Schloss Marienburg weitergeht. Sie dürfen gespannt sein.

In der heutigen Rundblick-Ausgabe spielt das verfügbare Haushaltseinkommen pro Jahr dagegen keine Rolle. Stattdessen geht es um folgende Rechengrößen:
• Schweinefleisch pro Kilogramm: Um die zwei Euro bekommen die deutschen Schweinehalter pro Kilo. "Der Schweinepreis passt derzeit", sagte Hubertus Beringmeier, Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), gestern in Cloppenburg. Beim Umbau der Tierhaltung gibt es aber auch vieles, was den Landwirten nicht passt.
• Stellen pro Genehmigungsbehörde: Turbominister Christian Meyer (Grüne) arbeitet weiter an seinem Ziel, die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Niedersachsen zu beschleunigen. 30 neue Stellen möchte er in der "Task-Force-Energiewende" besetzen und ein Nachschlag ist auch schon in Planung.
• Dauer pro Anerkennungsverfahren: Aus Sicht von IHKN-Hauptgeschäftsführerin Monika Scherf gibt es zahlreiche Dinge in Verwaltung und Arbeitswelt, bei denen es schneller vorangehen müsste – die Anerkennung von arbeitswilligen Zuwanderer zum Beispiel. Welche Abläufe außerdem noch vereinfacht werden müssten, erklärt Scherf im Rundblick-Interview.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link