Worte sind Schall und Rauch – manchmal auch Worte von Institutionen, die Gewicht haben sollten und deren Mahnung sich die verantwortlichen Politiker eigentlich zu Herzen nehmen sollten. Ein Beispiel, das gestern bekannt wurde, dreht sich um den Landesrechnungshof. Diese Behörde mit Sitz in Hildesheim, fern der Landeshauptstadt, wacht über die Haushaltswirtschaft des Landes. Sie achtet auf Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, sie passt auf, dass die Politiker sorgsam mit dem Geld der Steuerzahler umgehen. Schön, dass wir die Landeshaushaltsordnung haben, die Richtschnur für sparsames Wirtschaften des Staates. Schön auch, dass wir den Landesrechnungshof haben, die Hüterin der fiskalpolitischen Vernunft.

Noch schöner wäre es, wenn man auf den Rechnungshof auch noch hören würde. Doch das geschieht oft nicht, wie Rechnungshofpräsidentin Sandra von Klaeden gestern erläuterte. Im Jahr 2020 hatte ihre Behörde gemahnt, dass die Ministerialbürokratie – der engere Bereich der Landesministerien – zu stark ausufert, dass es zu viele zu gut besoldete Stellen gibt. Dann geschah folgendes, wie in der Landtagsdrucksache 18/9862 vom 6. September 2021 nachzulesen ist: Der Landtag schloss sich der Kritik des Rechnungshofs im Oktober 2020 an und forderte die Landesregierung auf, eine „wirtschaftliche Ausgestaltung der Aufbauorganisation sicherzustellen“, wie es im Behördendeutsch heißt.

Hat einen ziemlich undankbaren Job: LRH-Präsidentin Sandra von Klaeden. | Foto: LRH/Regine Rabanus Photodesign, Hannover

Dann vergingen elf Monate, und die Landesregierung antwortete im September 2021: Die Festlegung von Obergrenzen und Zielmarken für die Größe der Ministerien sei „schlicht hinderlich für die aufgabenadäquate Wahrnehmung neuer gesamtgesellschaftlicher Aufgaben“. Die noch 2013 gültige „Zielkonzeption“ solle daher nicht weitergeführt werden. Mit anderen Worten: Danke an den Rechnungshof und an den Landtag für die Mahnung zur Sparsamkeit, aber die Regierung hat sich entschieden, dem nicht zu folgen – sie macht vielmehr aus vollem Selbstbewusstsein das genaue Gegenteil.

So kann man es zusammenfassen, und prompt ist zwei weitere Jahre später, 2023, die Zahl der Mitarbeiter der Ministerialbürokratie im Vergleich zu 2013 um 34 Prozent gewachsen, das sind 700 zusätzliche Stellen. Verantwortlich dafür sind SPD, CDU und Grüne, die in dieser Zeit regierten.



Nach der offiziellen Aufhebung der „Zielkonzeption“ im September 2021 war das Wachstum quasi ungebremst. Wer regt sich nun darüber auf? Die CDU, jetzt in der Opposition, trägt für einen Teil die Mitverantwortung. SPD und Grüne, die die längste Zeit in diesen elf Jahren an der Macht waren, nehmen das Wort „Verwaltungsreform“ nicht einmal in den Mund. Sie scheuen es wie der Teufel das Weihwasser. Wie aber soll die Wirtschaft wieder in Schwung kommen, wie soll der Staat genügend Geld für die Bewältigung des Investitionsstaus in Gebäuden, Straßen und Brücken bekommen, wenn die Politik es nicht einmal schafft, das eigene Wachstum des Personals in den Ministerien zu begrenzen?

Anders gefragt: Wie soll ein Rechnungshof mit seinen Botschaften durchdringen, wenn sich zwar der Landtag seinen Worten anschließt – die Regierung aber später erklärt, sie wisse alles besser und pfeife auf die Mahnung zur Sparsamkeit?

Eine Antwort darauf bleiben wir heute im Rundblick schuldig. Wir widmen uns anderen Themen:

  • Substanzverfall: Der Rechnungshof zeigt auf, wie gewaltig der Investitionsstau in der Infrastruktur inzwischen ist.
  • Zu teures Bauen: In Hannover ist ein Beispiel für ein Luxus-Baugebiet zu besichtigen, dessen überteuerte Standards aus der Zeit gefallen sind.
  • Kein Rücktritt: Niklas Kleinwächter kommentiert, warum der von Missbrauchsopfern geforderte Rücktritt von Landesbischof Ralf Meister ein symbolischer Schritt wäre, der die Problemlösung keinesfalls erleichtern würde.

Einen vergnüglichen Donnerstag wünsche ich Ihnen – und wer Langeweile verspürt, kann gern den Prüfbericht des Landesrechnungshofs unter lrh.niedersachsen.de studieren.

Klaus Wallbaum