TagesKolumne: Die Deutsche Messe rüstet auf
Im Januar 2027 wird die niedersächsische Landeshauptstadt erstmals zum Schauplatz der DSEI Germany, einer Militärmesse, die alles zeigt, was knallt, raucht oder dick gepanzert ist. Warum ausgerechnet Hannover? „Dass wir in Niedersachsen Gastgeber dieser Veranstaltung sind, zeigt, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Wirtschaftsminister und Messe-Aufsichtsratschef Olaf Lies. Im Klartext heißt das wohl: „Allen anderen Messestandorten war die Nummer eine Spur zu heiß.“ Aber sei’s drum: Viel schlimmer als ein typisches Fußball-Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig werden die Proteste gegen die Rüstungsmesse schon nicht werden – nur eben vier Tage lang statt nur einen Nachmittag.
Dem hohen Sicherheitsaufwand steht der Nutzen für die niedersächsische Wirtschaft gegenüber. Schließlich sind wir das Bundesland der Tüftler und Denker, und man kann so ziemlich alles in ein Rüstungsprodukt verwandeln, wenn man nur ein bisschen Fantasie hat: Mit ein paar einfachen Modifikationen eignen sich Bahlsen-Kekse nicht nur als weihnachtliches Knabbergebäck, sondern taugen auf der Kurzdistanz auch als extrem präzise Ninja-Wurfgeschosse. Die nächste Generation der U-Bahn-Züge von Alstom könnte sich bei Gefahr in einen fahrenden Raketenwerfer verwandeln – perfekt fürs Schlachtfeld und den Feierabendverkehr in der City.
Die Rossmann-Gruppe erweitert ihr Drogeriesortiment um „Tarnfarbe to go“, und bei TUI gibt’s das „Verdeckte Operationen“-Special: Sie buchen Mallorca, landen aber heimlich in einem internationalen Krisengebiet und sind plötzlich Teil einer verdeckten Mission. Das ist natürlich All-inclusiv und als Bonus gibt’s auch noch Duty-Free-Gutscheine für die Rückreise. Mit solchen Innovationen stecken wir die anderen DSEI-Messen in London und Tokyo locker in die Tasche, denn was haben die Briten und Japaner außer Mecha-Godzilla und Gimmicks für Geheimagenten schon zu bieten?
Bis 2027 ist es allerdings noch eine Weile hin. Blicken wir stattdessen lieber auf die Themen der aktuellen Rundblick-Ausgabe:
◼ Realos auf dem Abstellgleis: So ziemlich das Gegenteil einer internationalen Rüstungsmesse hat am vergangenen Wochenende in Hannover stattgefunden: Bei der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen ging nicht nur Soldat und Newcomer Daniel Beer (Direktkandidat für Celle-Uelzen) leer aus, auch viele andere Realos hatten bei der Listenaufstellung für die Bundestagswahl das Nachsehen.
◼ Radikale Linke gespalten: In Göttingen erlebt unterdessen die radikale Linke eine Identitätskrise, wie das hiesige Institut für Demokratieforschung herausgefunden hat. Schuld daran hat der Gaza-Konflikt, der die Debatte über Antisemitismus angeheizt hat.
◼ Blankoschecks statt Bürokratie: Die niedersächsische Landesregierung plant, ein „Kommunalfördergesetz“ einzuführen, bei dem Kommunen ihre Fördermittel künftig pauschal und ohne komplizierte Anträge erhalten – ganz ohne den Papierkrieg und die nervigen Formulare. Endlich gibt es Geld nach dem Motto: „Hier, nehmt es, ihr wisst schon, was zu tun ist“.
Einen guten Start in die Woche wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link
Dieser Artikel erschien am 16.12.2024 in der Ausgabe #223.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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