Streit über Leitung der Öko-Stationen gefährdet Erfolg des Artenschutz-Paktes
Der sogenannte „niedersächsische Weg“ für mehr Artenschutz sollte ein Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit von Naturschutzverbänden und der Landwirtschaft sein. Doch bei der praktischen Umsetzung vor Ort zeichnet sich nun entlang dieser Bruchstelle erneut ein Konflikt ab. „Wenn es nicht gelingt, den kooperativen Ansatz in die Fläche zu tragen, wird der niedersächsische Weg scheitern“, sagt Helmut Dammann-Tamke, CDU-Agrarpolitiker und zugleich Präsident der Landesjägerschaft, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Worum geht es dabei im Detail? Als im vergangenen Jahr der Naturschutzbund (Nabu), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Landwirtschaftskammer (LWK) und das niedersächsische Landvolk unter Koordination von Umwelt- und Agrarministerium die Vereinbarung zum „niedersächsischen Weg“ unterzeichneten, wurde auch die Einrichtung sogenannter ökologischer Stationen beschlossen.
Vergleichbare Vor-Ort-Betreuungen gibt es schon seit den 1990er Jahren, sie zielen speziell auf die Natura-2000-Schutzgebiete ab und werden zumeist vom Nabu, dem BUND oder Naturschutzstiftungen getragen. In diesem und den nächsten beiden Jahren sollen jeweils 30 Millionen Euro für die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen bereitgestellt und 15 neue Stationen überall im Land errichtet werden. Doch wer übernimmt die Leitung dieser Stationen? Darüber herrscht derzeit große Verwirrung bei den Akteuren vor Ort und auch Verunsicherung, weil in einigen Fällen interessierten Verbänden vermittelt wurde, die Vergabe sei ohnehin schon vorabgesprochen. Das Verfahren sei nicht nachvollziehbar, heißt es. Es ist von Hinterzimmer-Absprachen die Rede.
Es müssen auch die Bewirtschafter mit ins Boot geholt werden!
Die Aushandlung über die Trägerschaft einer ökologischen Station findet derzeit in den Landkreisen statt. Dem niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) kommt die Aufgabe zu, die Konzepte der Vor-Ort-Betreuung zu prüfen und zu bewerten, ob diese auch aus landesweiter Sicht zu befürworten sind. So steht es zumindest im entsprechenden Eckpunktepapier. Dort heißt es auch, Einrichtungen mit einem dauerhaft kooperativen Ansatz würden bevorzugt gefördert.
Martin Bäumer, Umweltpolitiker der CDU-Landtagsfraktion, befürchtet nun aber, dass der partnerschaftliche Ansatz nicht überall umgesetzt wird. Er vermutet, dass der Nabu und der BUND die Trägerschaften der ökologischen Stationen bereits untereinander aufgeteilt haben und andere Verbände gar keine Möglichkeit mehr erhalten, sich überhaupt zu bewerben. Das Umweltministerium, klagt Bäumer, nehme dies zumindest billigend in Kauf. „Es müssen auch die Bewirtschafter mit ins Boot geholt werden“, sagt Bäumer im Rundblick-Gespräch und drückt seine Sorge darüber aus, dass künftig die Naturschutzverbände allein über Maßnahmen auf dem Grund und Boden der Landwirte entscheiden könnten.
Trägerschaft des Landvolkes „ausgeschlossen“?
Ist diese Sorge unbegründet? Zumindest wird von verschiedenen Fällen berichtet, in denen vor Ort in den Kommunen versucht wird, einseitig Pflöcke einzuschlagen. So liegen dem Rundblick Informationen vor, wonach ein Landrat gegenüber einem Landwirt erklärt haben soll, eine ökologische Station in Trägerschaft des Landvolkes sei „ausgeschlossen“. Auch soll es keine Kooperation geben, bei der das Landvolk eingebunden wird. Begründet wurde dies mit fehlendem Vertrauen gegenüber den Vertretern des Landvolks, wenn es um die Belange von Natur- und Artenschutz gehe. Konkret sei es dabei um eine Trägerkooperation aus Landvolk, Landesjägerschaft und dem Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen gegangen. Bevorzugt werden soll vor Ort nun eine Trägerschaft des Nabu, heißt es.
Meiner Einschätzung nach fehlt es hier an einem nachvollziehbaren, plausiblen Ausschreibungsverfahren.
An anderer Stelle, bei der neu einzurichtenden ökologischen Station Ilmenau mit Nebenbächen in den Landkreisen Uelzen, Lüneburg und Harburg, sieht sich derweil der Nabu übergangen. Wie Michael Walke aus dem Vorstand des örtlichen Nabu-Kreisverbandes im Gespräch mit dem Rundblick schilderte, habe Landrat Heiko Blume (CDU) die Trägerschaft des Nabu (in Kooperation etwa mit einem Wasserverband) abgelehnt und die Leitung in die Hand des Landvolks geben wollen. Dies habe er wohl im Austausch mit den anderen beteiligten Kreisen nicht durchsetzen können, weshalb man sich nun auf den BUND als Träger der ökologischen Station verständigt habe. Walke glaubt, hier habe auch eine Rolle gespielt, dass der Nabu-Landesverband die Wolfspolitik des Landkreises Uelzen offen kritisiert hat. Die Entscheidung zuungunsten des Nabu sei also frei von fachlichen Erwägungen getroffen worden, etwa der Zahl der Naturschutzprojekte oder ehrenamtlichen Helfern vor Ort. „Meiner Einschätzung nach fehlt es hier an einem nachvollziehbaren, plausiblen Ausschreibungsverfahren“, sagt Walke.
Wie genau die Trägerschaft der ökologischen Stationen vergeben werden soll, bleibt derweil offen und auch den Fraktionen des Landtags schleierhaft. Das Umweltministerium verwies darauf, dass in anderthalb Wochen der Jahresbericht des niedersächsischen Weges vorgestellt werden soll.