Im Hamburger Hafen gibt es immer mehr Schlick. Das sorgt für Streit mit den Nachbarn aus Niedersachsen. | Foto: GettyImages/Detailfoto

Die aktuelle Debatte über die Verklappung von Schlick aus dem Hamburger Hafen veranlasst den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Wenzel (Wahlkreis Cuxhaven) zu einem dringenden Appell an die Landesregierung: „Wir brauchen einen neuen Anlauf für eine engere Hafenkooperation zwischen Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven. Dass Hamburg sich vor vielen Jahren nicht an dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven beteiligt hat, stellt sich immer mehr als ein folgenschwerer Fehler heraus“, sagt Wenzel dem Politikjournal Rundblick. Er fordert den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD) auf, „neue Schritte für die engere Hafenkooperation zu unternehmen“.

Wenzel nimmt Bezug auf die neueste Wendung in der Debatte über die Frage, wohin der Schlick aus dem Hamburger Hafen kommen soll. Die Hansestadt Hamburg hatte vor Monaten mitgeteilt, die Ablagerungen vor der Vogelinsel Scharhörn verklappen zu wollen – direkt in der Elbmündung, aber auf Hamburger Hoheitsgebiet. In Niedersachsen wurde Protest laut, da befürchtet wird, dass die Stoffe aufgewirbelt und mit der Strömung in das Wattenmeer getragen werden. „Schon heute sind die Auswirkungen der Verschlickung spürbar: Es gibt nur noch drei Fischer an der Elbe, es werden sehr viel weniger Stinte gefangen – die Region läuft ökologisch aus dem Ruder“, berichtet Wenzel.

Stefan Wenzel ist Grünen-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Cuxhaven. | Foto: Grüne

Würde der Schlick vor Scharhörn abgelagert, so müsse aus seiner Sicht eine drastische Verschärfung der Probleme befürchtet werden. Insofern sei es „eine Erleichterung“, wenn der Hafenschlick nach der neuesten Entscheidung des Bundes in eine Verbringstelle westlich von Helgoland gebracht werden soll, also sehr viel weiter vom Hafen entfernt. Die Landesregierungen von Niedersachsen und Hamburg haben das am Montag als „vernünftige Brückenlösung“ bis zu einer endgültigen Festlegung bezeichnet. Wenzel sieht es ähnlich – die Rückspülung drohe weniger, wenn dort ein sicherer Platz gefunden werde. „Jetzt müssen aber dort die Strömungen genau untersucht werden“, fordert der Grünen-Politiker, der auch umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion ist.

Schlickmenge auf 34 Millionen Kubikmeter gestiegen

Der kurzfristige Erfolg einer Übergangslösung für den Schlick dürfe aber nicht vom generellen Problem ablenken, fordert Wenzel – und blickt zurück auf die Elbvertiefung, für die vor zehn Jahren ein Planfeststellungsbeschluss vorgelegt wurde. Damals sei prognostiziert worden, die Schlickmenge im Hamburger Hafen könne von 11,3 Millionen auf 12,4 Millionen Kubikmeter jährlich steigen. „Tatsächlich sind es heute 34 Millionen Kubikmeter“, sagt Wenzel. Im Gegensatz dazu sei die Bedeutung des Hamburger Hafens gesunken, der Containerumschlag stagniere bei 9 Millionen TEU jährlich, das sei weniger als die Hälfte der optimistischen Schätzungen aus dem Jahr 2012.

Aus Wenzels Sicht ist der Hamburger Hafen „längst in die dritte Liga abgerutscht“, die Konkurrenz von Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen sei auf dem Vormarsch, für die Mittelmeerhäfen gelte das auch. „Der Ausweg muss jetzt in einer engen Hafenkooperation in Norddeutschland bestehen. Hamburg und Bremen haben die gute Hinterlandanbindung, Wilhelmshaven hat 16 Meter Tiefe direkt an der Kaimauer. Hamburg könnte die Abfertigung nach Wilhelmshaven verlagern – und könnte so Flächen im Hafen freiräumen, die für innovative Neuansiedlungen genutzt werden können“, betont Wenzel.

Schlick für Deichbau sinnvoll?

Ein Teil des Hafenschlicks ist nach Wenzels Worten belastet, muss also deponiert werden. Das geschehe auch. Aber sinnvoll sei auch, den Schlick zu bergen und zwischenzulagern für ein anderes wichtiges Vorhaben, die Erhöhung der Deiche an der Elbe. Der Stader Landrat Kai Seefried, der hier schon vorbildlich agiere, müsse unterstützt werden – denn der Schlick könne als Baumaterial für die geplante Anhebung der Deiche um zwei Meter dienen. Die Bergung und Lagerung sei aufwendig, hierfür seien „Pilotprojekte nötig“, meint Wenzel.

Offshore-Hafen in Cuxhaven gefordert

Teil einer norddeutschen Hafen-Kooperation könne auch der Ausbau von Cuxhaven zum Offshore-Hafen für die Verschiffung von Windkraftanlagen auf der Nordsee sein, meint Wenzel. „Bisher wird immer nur von Containern gesprochen, wenn es um die Hafenwirtschaft geht – aber es gibt eben auch andere Güter, auf die wir uns konzentrieren müssen.“