Sollen Polizisten tätowiert sein dürfen? Das Innenministerium bereitet dazu ein Gesetz vor
Für das äußere Erscheinungsbild von Polizeibeamten gibt es Regeln. Nicht nur die Uniform zeigt, dass es sich um Vertreter der Staatsgewalt handelt, die in einer bestimmten Form auftreten sollen. Seit einigen Monaten wird nun öffentlich über die Frage diskutiert, ob man jungen Polizisten, die in den Beruf einsteigen, auch das Tragen von Tattoos gestatten soll. Susanne Graf, Personalreferatsleiterin in der Polizeiabteilung des Innenministeriums, sieht durchaus einen Trend zu Tätowierungen. „Unter den Bewerbern für den Polizeiberuf sind diejenigen, die einen solchen Körperschmuck tragen, verbreiteter als bisher“, sagte sie. Da aber klar geregelt sei, dass Polizisten an sichtbaren Stellen des Körpers nicht tätowiert sein dürfen, gebe es bisher keine solchen Polizeibeamten in Niedersachsen. Im Jahr 2016 seien 1632 Polizisten neu eingestellt worden, ihnen hätten mehr als 6000 Bewerber gegenübergestanden. „Solange das Verhältnis zwischen freien Stellen und Interessenten so ist, können wir die Vorgabe problemlos umsetzen“, betonte Graf.
Allerdings ist der Erlass des Ministeriums von 2013, der die Tattoo-Frage behandelt, künftig nicht mehr ausreichend. Der Grund dafür liegt auf der juristischen Ebene. Das Bundesverwaltungsgericht hatte vor gut einem Jahr entschieden, dass das Verbot einer Tätowierung einen so weitgehenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen bedeute, dass dafür eine „parlamentarische Leitentscheidung“ gegeben sein müsse. Auf Nachfragen im Innenausschuss erklärte Graf dann, dass ihr Haus auch an einem Gesetzentwurf in diese Richtung arbeite. Die Formulierung in einem bayerischen Gesetz, das bereits in Kraft getreten ist, sieht eine Ermächtigung für das Innenministerium zu entsprechenden Erlassen vor – was etwa Haar- und Bartfrisuren angehe, aber auch Kennzeichnungen der Haut, die sich nicht einfach wieder entfernen lassen. Auf der Basis einer solchen Gesetzesbestimmung kann das Ministerium in Bayern dann einen neuen Erlass herausgeben. Dies könnte ein Weg sein, den auch Niedersachsen einschlägt.
Hierzulande gibt es nach Auskunft des Innenministeriums bisher keine Polizisten, die ihren Wunsch nach einem Tattoo geäußert hätten. In solchen Fällen, bei denen es nicht um die Einstellung neuer Beamten geht, sondern um die Bitte eines schon im Dienst befindlichen Polizisten nach einer Tätowierung, würde bisher eine Sonderregelung greifen: Der Vorgesetzte des Polizisten müsste eine Ausnahme gestatten, also eine Sondererlaubnis erteilen. Das Innenministerium steht nun vor der Frage, ob darüber hinaus bei der neuen Gesetzesregelung erlaubt sein soll, ein „dezentes Tattoo“ auch dort zu tragen, wo es mitunter sichtbar sein kann – etwa am Unterarm. Damit wären aber, wie Graf erläuterte, neue Abwägungsprobleme verbunden. Die Frage nämlich, was dezent ist und was nicht, ließe sich kaum nach eindeutigen Vorgaben klären. Die Größe eines Tattoos allein sei nicht ausschlaggebend, denn auch ein kleiner, aber provokativer Schriftzug könne Anstoß erregen, ein unverfängliches großes Zeichen hingegen unproblematisch sein. Klar sei, dass verfassungsfeindliche Symbole nicht geduldet werden. Eine Einschätzungsfrage könne gegeben sein, wenn es beispielsweise um einen Totenkopf gehe, der nicht verboten sei, aber in bestimmter Weise aggressiv wirken könne. Graf meint, dass sinnvollerweise eine Kommission in Zweifelsfällen zu Entscheidungen kommen könne. Die Referatsleiterin des Ministeriums weist aber zugleich auf eine aktuelle Studie aus Rheinland-Pfalz hin, wonach tätowierte Polizisten als weniger vertrauenswürdig, manchmal sogar bedrohlich wahrgenommen würden.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #219.