Das Kehrbuch der Schornsteinfeger klingt wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Doch in der Energie- und Wärmewende sind die gesammelten Angaben über Feuerstätten und Abgasanlagen so gefragt wie nie. Die Schornsteinfeger kennen das Alter, die Bauart, den sicherheitstechnischen Zustand und die verwendeten Brennstoffe von mehr als 19 Millionen Heizungsanlagen in Deutschland. „Wir haben alle Wärmeerzeuger erfasst, die nicht auf Elektro- und Fernwärme basieren. Wir sind diejenigen, die jedes Gebäude und jeden Wärmeträger kennen“, erklärte Julian Schwark, Energievorstand beim Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks, am Donnerstag beim Verbandstag in Hannover.

Verbandspräsident Alexis Gula spricht gar von einem „Goldschatz“, den die Frauen und Männer in Schwarz bei ihren täglich etwa 30.000 Kundenkontakten zusammentragen. Der Datenschatz der Schornsteinfeger könnte allerdings noch viel wertvoller sein, wenn sie neben den fossilen Heizungsanlagen auch Wärmepumpen erfassen würden. „Wir können es und wir sind auch dazu bereit, aber man muss uns auch machen lassen“, sagt Gula. Der Schornsteinfegerverband wirbt deswegen für eine Ausweitung seiner hoheitlichen Tätigkeiten, um künftig das komplette Bild der Wärmeversorgung im Bestand wiedergeben zu können. „Besonders für die kommunale Wärmeplanung sind sogenannte gebäudescharfe Daten von großem Wert“, ergänzt der Schornsteinfeger-Präsident aus Bayern.
„Die Kommunen werden es allein nicht schaffen. Die kommunale Wärmeplanung ist nicht so einfach, da wird es noch über Jahre hinweg sehr große Verwirrung geben.“
Schon jetzt sind die Daten der Schornsteinfeger bei den Wärmeplanern heiß begehrt. Dort landen sie allerdings oft nur über Umwege. „Die Kommunen beauftragen Ingenieurbüros und die rufen dann bei uns an“, berichtet Gula. „Wir haben die Zahlen und müssen sie auch kostenfrei liefern“, ergänzte der niedersächsische Landesinnungsmeister Stephan Langer. Dem häufig geäußerten Wunsch nach einer Gratis-Aufbereitung der Daten könnten die privatwirtschaftlich arbeitenden Handwerker allerdings nicht nachkommen. Aus Sicht des Bundesverbandes ist das nicht unproblematisch, denn Gula weiß: „Die Kommunen werden da relativ im Stich gelassen.“ Ohne ihre Mithilfe bei der Datensammlung sehen die Schornsteinfeger schwarz. „Die Kommunen werden es allein nicht schaffen. Die kommunale Wärmeplanung ist nicht so einfach, da wird es noch über Jahre hinweg sehr große Verwirrung geben“, ist sich Langer sicher. Bei einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz in der kommenden Woche wollen die Schornsteinfeger über das Thema sprechen, aber nichts „übers Knie brechen“. „Wir haben nur einen Schuss frei“, sagt Gula.
Wer glaubt, dass Schornsteinfeger mit Wärmepumpen doch eigentlich gar nichts am Hut haben, der irrt. Die bundesweit 21.000 Beschäftigten der rund 7500 Innungsbetriebe (850 in Niedersachsen) sind weit mehr als bloß Kaminfeger. „Der Schornsteinfeger ist die Vertrauensperson und der Ansprechpartner Nummer eins in der Energie- und Wärmewende“, sagt Gula und betont: „Wir sind schon immer für die Betriebs- und Brandsicherheit zuständig gewesen.“
2023 haben die Schornsteinfeger ihr Berufsbild und ihre Ausbildungsinhalte zur Energieberatung und Lüftungsanlagen nochmals aktualisiert. Zudem hat sich die Hälfte der Schornsteinfeger (11.000) zum Energieberater weitergebildet. In Zukunft wollen die Handwerker neben der Beratung auch zusätzlich Dienstleistungen zur Wärmepumpe anbieten, wie etwa die Reinigung oder die Überprüfung der gesetzlichen Vorgaben. „Fakt ist: Der Wärmepumpen-Hochlauf wird kommen. Wir wollen unseren Anteil dazu beitragen, dass die Wärmepumpe ein Erfolgsmodell wird“, betont der Verbandspräsident.

„Es gab noch nie so viele Schornsteinfeger wie heute“, sagt Udo Voigt, Berufsbildungsvorstand beim Schornsteinfegerverband. Durch den Anstieg der Aufgaben habe sich auch die Nachfrage erhöht. „Der Fachkräftebedarf steigt, wir brauchen deutlich höhere Ausbildungszahlen als bisher“, erklärt Voigt. Im vergangenen Jahr seien bundesweit 617 neue Schornsteinfeger ausgebildet worden, womit man zwar das Niveau aus der Vor-Corona-Zeit habe halten können. Das reiche aber nicht aus.
„In einer Zeit, wo alle nach Arbeitskräften schreien, macht es das für ein kleines, feines Handwerk wie unseres nicht einfacher“, meint der Schornsteinfeger aus München. Die Branche will sich deswegen verstärkt als „Klimahandwerk“ präsentieren und damit werben, dass Schornsteinfeger einer der wenigen Handwerksberufe mit Studiengang ist. „Wir haben einen hohen Anteil an Menschen mit Abitur und Fachhochschulreife, für die das duale Studium eine tolle Gelegenheit ist“, sagt Voigt. Große Hoffnungen setzt die Branche in die Gleichbewertung von Bachelor und Meisterbrief, durch die die Studienabsolventen problemlos den Schornsteinfeger-Meisterbrief erhalten können.