Ihr Lebensweg war kein ganz einfacher, daraus macht Ute Neumann kein Geheimnis. Im Gegenteil: Sie verwandelt ihre Ohnmacht in Energie und setzt sich für eine bessere Welt ein. Aktuell tut sie das als Bezirksjugendsekretärin beim DGB und ist in dieser Woche unser Politiknerd Nummer 14:

Politiknerd Ute Neumann | Foto: Düselder

Dass sie einmal Gewerkschaftsmitglied werden wird, war für Ute Neumann ziemlich schnell klar. Erste Berührungspunkte mit der Welt der Arbeitnehmervertretung hatte sie bereits über ihren Vater, der Betriebsratsmitglied war. Gearbeitet hat er in einem Arzneimittelwerk in Dresden, bei dem sie als Schülerin in den Ferien immer mal wieder gearbeitet hat. Und das hat sich gelohnt – nicht zuletzt, weil man dort nach IG-Metall-Tarifvertrag bezahlt wurde. Schon damals hat Ute Neumann gelernt: Tarifbeschäftigung ist etwas Gutes und dass Gewerkschaften sie erkämpfen, hilft so vielen.

Später hat sie allerdings auch noch andere Arbeitsbedingungen kennengelernt, etwa als Paketzustellerin oder als Mitarbeiterin in einem Callcenter. Die vielfältige Welt der Arbeit ist ihr nicht fremd. Im Studium, für das sie 2003 nach Göttingen gezogen ist, wurde sie dann Verdi-Mitglied. Nach einer Zeit als wissenschaftliche Hilfskraft an der Uni Göttingen wurde sie zunächst Jugendbildungsreferentin in Göttingen, wechselte dann nach Sachsen-Anhalt und stieg dann schließlich auf zu dem Job, den sie jetzt inne hat: Abteilungsleiterin Jugendpolitik beim DGB Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt.



Mitglied einer Partei ist Ute Neumann auch. Dass ihr Weg sie in die SPD geführt hat, mag nun wenig überraschen. Dass dieser Weg ein ziemlich langer war, hingegen schon. Erst im Januar 2022 ist Ute Neumann Sozialdemokratin geworden. Anlass sei die Bildung der Ampelkoalition im Bund gewesen, verrät die 40-Jährige im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. „Mein Weg war sehr weit“, sagt sie. „Auf meiner Stelle habe ich mit allen Parteien zu tun und habe deshalb gute Einblicke, wie sie sich verhalten.“ Und da sei die SPD aus ihrer Sicht die richtige Wahl gewesen.

Eine Rolle spielte bei der Entscheidung auch ein „krasser Rechtsruck“, den Ute Neumann in der Gesellschaft bemerkt haben will. Da komme ihre Prägung aus der Kindheit zur Geltung, die sie in Radebeul bei Dresden verbracht habe. „Ich bin ein Wendekind, das mit Schlägertrupps auf den Straßen aufgewachsen ist“, sagt sie. Deshalb sei es ihr so wichtig gewesen, dass es der SPD nach der Bundestagswahl gelungen sei, ein „progressives Bündnis“ mit Grünen und FDP zu bilden.



Ihre Vision sei eine „liberale, soziale Gesellschaft, wo Menschen nicht diskriminiert werden“, verrät Ute Neumann. Geprägt sei sie auch von Massenarbeitslosigkeit im Osten, dem Kampf gegen Rechtsextremismus oder dem Kampf gegen Gewalt gegen Frauen – wovon sie selbst betroffen gewesen sei. Als Kind wurde Ute Neumann vier Jahre lang von einem Familienangehörigen missbraucht. Damals habe sie sich ohnmächtig gefühlt, erzählt sie. Als Gegenreaktion wollte sie dann aktiv etwas gestalten. „Davon kommt viel mein innerer Antrieb“, sagt sie heute.

Politisch sei sie schon immer gewesen. Natürlich war sie Schülersprecherin und an der Uni dann Fachgruppensprecherin. Ein Politiknerd sei sie außerdem auch. Denn auch im Privaten gehe es bei ihr häufig um Politik, etwa wenn sie mit ihrem Bruder, der in den USA lebt, zu diskutieren anfange. Ihr Appell an alle lautet: Organisiert euch in einer Gewerkschaft! Schließlich würden dort die Gehälter verhandelt, wovon alle etwas hätten. Und wenn das nichts sein sollte, weitet sie die Aufforderung auch noch etwas aus und ruft aus: Organisiert euch!


Fast jede Woche stellt die Rundblick-Redaktion im kostenlosen Sonntagsnewsletter die „Politiknerds“ aus Niedersachsen vor. Ihre politischen Ziele mögen sich unterscheiden, aber was sie verbindet, ist die Leidenschaft für Politik. Noch sind sie keine Polit-Promis – aber ohne die Engagierten an der Parteibasis, im Verein oder anderswo wäre unser politisches System deutlich ärmer. Hier geht’s zur Übersicht