Innenminister Boris Pistorius (SPD) strebt eine allgemeine Ausgangssperre in Niedersachsen nicht an, hält sie aber auch nicht für ausgeschlossen. Die strengen Auflagen der Landesregierung, die unter anderem Veranstaltungen in Räumen mit mehr als 50 Teilnehmern unterbinden und Gruppenbildungen auf Straßen und Plätzen mit mehr als zehn Personen ebenfalls, verlangten ein diszipliniertes Verhalten der Bevölkerung. „Eine Ausgangssperre wäre die ultima ratio. Sie wird kommen, wenn klar ist, dass alles andere nicht funktioniert. Dieser Schritt wäre dann ohne Alternative“, betonte der Minister.


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Mit den bisherigen Einschränkungen werde bezweckt, dass die Zahl der Neuinfektionen nicht mehr so stark ansteigt wie bisher. Sollte das verfehlt werden, müssen schärfere Maßnahmen greifen. „Die Lage ist außerordentlich ernst, denn wir wissen nicht, wohin das alles führen wird“, hob Pistorius hervor und fügte hinzu: „Das Gebot der Stunde ist, dass alle Menschen endlich akzeptieren, dass dies hier keine Übung ist, kein Spiel, sondern eine richtig ernste Lage, in der Menschenleben bedroht sind und die über viele Monate dauern kann.“

Bewährungsprobe bis zum Wochenende

Auf Nachfragen erklärte der Minister, dass bis zum Wochenende klar sein müsse, ob die strengeren Auflagen wirken und die Abstandsregeln akzeptiert werden. Dann werde man sehen, ob man weitere Sanktionen verfügen müsse, also die Ausgangssperre. Zur Kontrolle sollen ab sofort verstärkt Polizeistreifen in den Städten und Dörfern präsent sein, sie sollen neben den kommunalen Ordnungsdiensten dafür sorgen, dass das Versammlungsverbotes eingehalten wird. Auch die Hilfe der Bereitschaftspolizei, die derzeit wegen der ausfallenden Fußballspiele an den Wochenenden weniger Einsätze als bisher bewältigen muss, werde man in Anspruch nehmen.

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Die Beamten seien angewiesen, gegen Verstöße „konsequent einzuschreiten“. Dies könne etwa der Fall sein, wenn die Menschen in einer Schlange vor einer Eisdiele dicht gedrängt stehen oder hinterher in Gruppen an den Tischen sitzen und speisen. Es werde dann Bußgelder und Strafandrohungen geben. In den Gaststätten würde sich das gegen die Besitzer oder Pächter richten, die Sanktionen könnten auch eine Überprüfung der Frage beinhalten, ob die Gaststätte überhaupt noch geöffnet haben darf. Der Minister fügte hinzu, dass die Polizei auch Versammlungen auf der Straße auflösen wird. „Dabei ist es egal, ob es um 50, 60 oder 20 Personen geht, entscheidend ist, dass die Ansteckungsgefahr, die von solchen Gruppenbildungen ausgeht, unterbunden wird.“

Polizei zeigt Präsenz und setzt auf Lautsprecheransagen

Die Polizei will ihre Kontrollen auch mit Lautsprecheransagen begleiten. „Das drückt diese außergewöhnliche Situation aus“, betont Pistorius. Auf Nachfragen schließt der Innenminister auch nicht aus, dass in naher Zukunft Mitarbeiter anderer Behörden, die in ihren bisherigen Funktionen derzeit nicht gebraucht werden, zur Unterstützung der Ordnungskräfte herangezogen werden. Bisher gibt es dafür aber keine konkreten Pläne.

Während der Innenminister mit seinem Auftritt in der Pressekonferenz des Krisenstabes Härte bei der Durchsetzung der behördlichen Auflagen demonstrierte, nutzte Ministerpräsident Stephan Weil bei einem Besuch in einem Supermarkt in Hannover die Gelegenheit, vor Hamsterkäufen zur warnen und zu betonen, dass Vorräte an Toilettenpapier für mehrere Monate absolut unnötig seien.

Der Auftritt von Pistorius wurde von CDU-Landtagsfraktionschef Dirk Toepffer begrüßt: „Damit es nicht zu flächendeckenden Ausgangssperren kommt, muss jeder von uns seinen Beitrag leisten. Wer keine plausible Begründung hat, Wohnung oder Haus zu verlassen, sollte zuhause bleiben. Es kommt jetzt darauf an, Abstand zu wahren. Das ist das Sozialste, was wir derzeit tun können.“