Philologen starten Kampagne für Land-Lehrer und hoffen auf Nachahmung vom Ministerium

Die unzureichende Unterrichtsversorgung in Niedersachsen trifft nicht alle Schulen gleichermaßen. Insbesondere in ländlichen Regionen fällt es schwerer, ausreichend Lehrkräfte anzulocken. Im Kultusministerium denkt man deshalb über eine Image-Kampagne nach, mit der Standorte in der Fläche stärker beworben werden sollen. Doch der Philologenverband Niedersachsen will darauf nicht mehr länger warten und startet aus eigener Tasche mit Werbung für neue Land-Lehrer – die man, sofern sich Interessenten melden, dem Kultusministerium direkt überlassen würde. „Niedersachsen hat mehr zu bieten als Göttingen, Oldenburg, Hannover, Braunschweig und Osnabrück“, sagte der Verbandsvorsitzende Christoph Rabbow am Dienstag in Hannover. Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Astrid Thielecke aus Duderstadt hat der Gymnasiallehrer aus Stade Journalisten das Projekt vorgestellt. Bis Ostern sollen vor allem auf den Social-Media-Kanälen des Verbands die „Stadt? Land!“-Motive veröffentlicht werden. Über die Mitglieder des Philologenverbands sollen die Plakate aber auch ihren Weg in die Lehrerzimmer finden. Zitiert werden echte „Land-Lehrer“ wie beispielsweise Patrick Eversen aus Hannoversch Münden, der sagt: „Ich bin Land-Lehrer, weil sich hier frische Luft, gute Ideen und echtes Engagement ergänzen.“ Auf einem anderen Motiv deutet Katharina Riebeling aus Drochtersen auf einen Acker, daneben der Satz: „Ich bin Land-Lehrerin, weil man hier den Ausgleich direkt vor der Tür hat.“ Rabbow selbst wirbt im Gespräch mit Journalisten für seine Wahlheimat Stade mit der Nähe zu Hamburgs kulturellem Angebot bei gleichzeitig moderaten Lebenshaltungskosten. Ländliche Schulen könnten zudem mit einer anderen Klientel für sich werben sowie mit einer intensiveren Betreuung neuer Lehrer durch den vorhandenen Lehrkörper.
Eine intensivere Begleitung für angehende Lehrkräfte ist für Rabbow noch aus einem anderen Grund ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Werden die Lehramtsstudenten stärker an die Hand genommen, etwa durch regelmäßige Gespräche mit Ausbildern, brechen sie das Studium nicht so schnell ab, meinte der Verbandsvorsitzende und beklagte: „Diese Begleitung findet in Niedersachsen aber null statt.“ Der Philologenverband regt gegenüber dem Kultusministerium daher eine Überarbeitung der Lehrkräfteausbildung an. Dabei soll es bereits im Bachelor-Studium Schulpraktika geben, im Master-Studiengang dann ein Praxissemester. Schon zu diesem Zeitpunkt sollten die Studenten dann gezielt aufs Land vermittelt werden, schlug Rabbow vor und berichtete vom Philologenverband Bayern. Dort würden die Mitglieder des Verbands über eine Mitgliederkartei Wohn- und Übernachtungsmöglichkeiten für Praktikanten anbieten. Auf diese Weise soll den Studenten, die für ihr Studium in eine Universitätsstadt haben ziehen müssen, der vorübergehende Aufenthalt im ländlichen Raum erleichtert werden. Rabbow hofft natürlich, dass ihnen dann das gute Klima so sehr zusagt, dass sie wiederkommen und bleiben. An die niedersächsischen Landräte appellierte er, ähnlich vorzugehen.
- Seminararbeit in Jahrgang 11: Mit der geplanten Oberstufen-Reform zeigt sich der Philologenverband ziemlich zufrieden. Dass allerdings die Seminararbeit wegfallen soll, bedauert man dort schon. Rabbow spricht von einer „Kapitulation vor der Künstlichen Intelligenz“ und schlägt eine Rettung der wissenschaftspropädeutischen Ausbildung an. In einer abgespeckten Variante könnte die Seminararbeit in der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe erhalten bleiben. Der Klassen- oder der Berufsorientierungslehrer sollte Anrechnungsstunden bekommen, um beispielsweise in Verbindung mit dem Wirtschaftspraktikum eine Hausarbeit schreiben zu lassen. Der Philologenverband spricht sich außerdem dafür aus, nach der Reform der Abitur-Ordnung nun auch das Konzept für den elften Schuljahrgang entsprechend anzupassen. Anhand der Kompetenzen, die für das Abitur gebraucht werden, müsse das Programm dann für die Einführungsphase heruntergebrochen werden.
Dieser Artikel erschien am 12.02.2025 in der Ausgabe #028.
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