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Auch andere Kommunalpolitiker äußerten erhebliche Kritik an den bisherigen Abläufen. Der hannoversche Regionspräsident Hauke Jagau (SPD) rügte die Neigung von Bund und Land, zu viele Vorgaben im Detail festlegen zu wollen. „Weil kein Mitarbeiter etwas falsch machen will, die Regeln aber sehr kompliziert sind und oft sehr kurzfristig erlassen werden, kommt es zu einer Überforderung der Mitarbeiter“, betonte Jagau und riet „zum amerikanischen System“: „Anstatt alles perfekt vorgeben zu wollen, sollten wir zum Verfahren von Versuch und Irrtum übergehen.“ Das bedinge aber, von Bund und Land möglichst wenig vorzugeben und den Kommunen viel mehr Spielraum zu lassen. Wenn man die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zur Quarantäne in Kliniken eins zu eins umgesetzt hätte, meint Jagau, wäre das Krankenhaussystem zusammengebrochen. In der Corona-Zeit hätten die Arztpraxen völlig unterschiedlich reagiert, vor Ostern hätten viele Ärzte ihre Praxen einfach geschlossen und sich verweigert. Der Kontakt zur Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) sei nicht immer einfach gewesen. Das berichtete auch Petra Broistedt, Göttinger Sozialdezernentin. Mit der KVN habe man im Göttinger Krisenstab „immer wieder Reibereien“ erlebt. So hätten Ärzte ihre Praxen geschlossen und ins Fenster einen Zettel mit der Handy-Nummer des Gesundheitsamtsleiters gestellt, weil sie Corona-Patienten abweisen wollten. Die KVN habe das Göttinger Angebot, Schutzausrüstung für Arztpraxen zu beschaffen, abgelehnt – dann aber selbst nicht schnell genug gehandelt. Auch die Rufnummer 116-117 habe oft nicht funktioniert, berichteten Broistedt und Jagau übereinstimmend. Broistedt sagte, das Angebot von Arztpraxen mit Corona-Spezialisierung sei in manchen Gegenden, etwa im Harz, nicht ausreichend. Dass die Kommunikation zwischen KVN und Ärzten nicht immer problemlos gelaufen sei, berichtete auch Jutta Dreyer vom Gesundheitsamt in Verden.
