Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies ist auch für den Wohnungsbau zuständig. Beim Besuch der Redaktion des Politikjournals Rundblick Ende Januar äußerte er sich zu der Frage, was es mit der neuen „Landeswohnungsgesellschaft“ auf sich hat – und welche anderen Akzente er in der Baupolitik setzen will.

Olaf Lies (von rechts) und sein Sprecher Christian Budde treffen sich mit den Rundblick-Redakteuren Christian Wilhelm Link, Niklas Kleinwächter und Klaus Wallbaum zum Gespräch. | Foto: Gartz

Rundblick: Herr Lies, die neue Koalition peilt eine Landeswohnungsgesellschaft an. Wann wird diese entstehen?

Lies: Wir sind in intensiven Gesprächen darüber in der Landesregierung. Unser Ziel ist es, mit der Landeswohnungsgesellschaft zum kommenden Jahreswechsel 2024 starten zu können.

Rundblick: Worüber genau tauschen Sie sich in der Koalition diesbezüglich aus?

Lies: Wir haben zwei Planungen. Zum einen geht es um die Überlegung, alle Gebäude und Liegenschaften des Landes in einer Gesellschaft zusammenzufassen, die dann die Sanierung dieser Immobilien übernimmt. Diese Gesellschaft würde mit einem riesigen Vermögen starten und hätte dann die Chance, eigenständig Kredite aufzunehmen und die nötigen Investitionen damit zu tragen. Was die Landeswohnungsgesellschaft anbelangt, ist unser Ansatz ein anderer: Wir schaffen eine Einrichtung, die sich zur Aufgabe stellt, neue Wohnungen zu bauen – also etwas zu errichten, was noch nicht vorhanden ist. Wenn wir die Dinge hier gut verbinden, haben wir genau jetzt die große Chance gerade auch im Lichte des sich verändernden Zinsumfeldes echte Chancen, auf dem Wohnungsmarkt voran zu kommen.  

Rundblick: Ist denn tatsächlich geplant, dass die Landeswohnungsgesellschaft vorrangig selbst aktiv wird, Wohnungen zu bauen?

Lies: In der Konzeption, die ich zu Zeiten der Koalition zwischen SPD und CDU vorgestellt habe, wird der kooperative Gedanke dieser Gesellschaft betont: Die Landesgesellschaft tritt als Partner auf, beispielsweise im Verbund mit den Wohnungsgesellschaften der Kommunen. So wäre es beispielsweise vorstellbar, dass die Landesgesellschaft die Grundstücke erwirbt, auf denen dann ein Dritter – das können Wohnungsgesellschaften oder auch Genossenschaften sein – als Bauherr aktiv wird. Voraussetzung ist natürlich, dass der Dritte die Wohnungen zu bezahlbaren Mieten anbietet. Die Grundstücke sollen in öffentlicher Hand und die Mieten sollen bezahlbar bleiben. Dies war immer der Ansatz und bleibt es auch.

Rundblick: Bisher sind die Erfolge beim sozialen Wohnungsbau eher mager. Was macht Sie so zuversichtlich, dass es jetzt anders wird?

Lies: Der Vorzug der Aktivität einer Landesgesellschaft liegt in der Möglichkeit, ein niedriges Zinsniveau zu ermöglichen. Das war nicht wichtig in der Zeit der absoluten Niedrigzinsen. Heute sieht das schon anders aus. Außerdem ist es unsere Absicht, eine Verknüpfung mit einem Reformziel hinzubekommen, das sich die Ampel-Koalition in Berlin vorgenommen hat. Dabei geht es um die Wohngemeinnützigkeit, die neu definiert und gesetzlich festgeschrieben werden soll.

Rundblick: Was genau ist Inhalt dieser Idee?

Lies: Bisher fällt nach etwa 20 bis 30 Jahren die Sozialbindung der neu geschaffenen Wohnungen weg. Mit einer Änderung der Bestimmungen würde es für Investoren attraktiver, in bezahlbaren Wohnraum zu investieren. Dann könnten die Effekte, die mit dem Bau erreicht werden, langfristig gesichert werden. Aber, wie gesagt: Das ist ein Reformvorhaben auf Bundesebene. Die Bundesbauministerin hat schon angekündigt, dass über dieses Projekt gemeinsam mit den Ländern beraten und entschieden werden muss. Uns stehen noch Gespräche über die Einzelheiten bevor. Ohne die Länder, die den sozialen Wohnungsbau gewährleisten müssen, wären solche Instrumente wertlos. Wir lernen aber auch, dass man es mit den richtigen Änderungen der Anreize schafft, den sozialen Wohnungsbau voranzubringen. In Niedersachsen waren es im vergangenen Jahr 2700 Wohnungen – noch nicht so viel, wie wir uns mit der Wohnungswirtschaft vorgenommen haben, aber doch deutlich mehr als wir für das Jahr erwartet haben.

Olaf Lies und Christian Budde (links). | Foto: Gartz

Rundblick: Sie haben angekündigt, dass es im Wohnungsbau weitere Erleichterungen geben soll. Dabei ist vom Prinzip einer „Niedersachsen-Wohnung“ die Rede. Was genau ist damit gemeint – und welche Nutzen hätte es?

Lies: Nachdem jahrzehntelang alles immer größer und aufwändiger werden sollte, sehen heute viele Menschen mehr Sinn darin, nachhaltiger zu leben. Weniger kann mehr sein – das ist der Grundgedanke der Suffizienz. Zusammen mit der Architektenschaft und den Wohnungsunternehmen wollen wir an einem Standard arbeiten, der gut ist und gleichzeitig bezahlbar bleibt. Das kann sich beispielsweise in der Flächengröße einer Wohnung oder dem Grundriss zeigen. Zum Vergleich: Obwohl der Trend jahrelang hin zu immer größeren Autos und SUV geht, fährt ja auch nicht jeder, der es sich leisten kann, auch ein möglichst großes Fahrzeug. Viele setzen auf das Fahrrad oder den wesentlich effektiveren Kleinwagen. Mit Wohnungen ist das genauso. Wer baut, kann sich dann entscheiden, auf welchen Standard er setzt.  

Rundblick: Auch über eine „Umbau-Ordnung“ wird viel spekuliert – also darüber, dass bei Umbauten von alten Häusern weniger Standards gelten sollen als bei Neubauten. Wie weit sind Sie damit? Wie könnte das konkret aussehen?

Lies: In den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden wir die Gebäudebestände sehr stark verändern müssen, um sie möglichst CO2-frei mit Strom und Wärme zu versorgen. Außerdem haben sich unsere Lebensgewohnheiten geändert. Durch Homeoffice brauchen wir weniger Büroräume, die wir umbauen und anders nutzen können, beispielsweise als Wohnraum. In vielen Zentren gibt es Leerstände bei gewerblichen Räumen – auch da können wir umnutzen und umbauen. Damit diese Transformation möglichst schnell und einfach geht, schauen wir derzeit gemeinsam mit der Architektenschaft, welche Regelungen in unserer niedersächsischen Bauordnung wir verändern können, ohne dass es zu Sicherheitsverlusten kommt.    

Rundblick: Was die Ansiedlung der Großindustrie angeht, befürworten Sie bessere Voraussetzungen für die Schaffung von Gewerbegebieten, die über Kreis- und Stadtgrenzen hinausgehen. Was genau ist da vorgesehen – und wann können wir mit gesetzlichen Änderungen rechnen?

Lies: Das ist ein Thema, das auf Bundesebene geregelt werden muss. Der Bund hat angekündigt, das Baugesetzbuch in diesem Jahr zu novellieren; ein diskussionswürdiger Entwurf liegt da leider noch nicht vor. Wir werden sehen, was der Bund vorschlägt und uns in die Diskussion einbringen und diese begleiten.