ÖPNV: SPD und Grüne wollen private Alternativen erschweren
SPD und Grüne im Landtag wollen der zunehmenden privaten Konkurrenz im öffentlichen Nahverkehr einen Riegel vorschieben. Der Wirtschaftsausschuss des Landtages hat mit rot-grüner Mehrheit einen Antrag beschlossen, in dem eine Bundesratsinitiative gefordert wird, mit der der sogenannte Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit abgeschafft werden kann. Dieser Vorrang wurde erst vor wenigen Jahren im Personenbeförderungsgesetz eingeführt. Damit können Unternehmen, zumeist sind es private, die Übernahme von Linienverkehren beantragen, wenn sie es eigenwirtschaftlich leisten können, also ohne Zuschüsse der Aufgabenträger.
[caption id="attachment_12890" align="aligncenter" width="688"] Das Wirtschaftsministerium spricht von "gravierenden tariflichen Unterschieden" bei der Bezahlung der ÖPNV-Mitarbeiter- Foto: Rolf Stumpf[/caption]
Richard Eckermann, Referatsleiter im Wirtschaftsministerium für den öffentlichen Nahverkehr, plädierte im Ausschuss dafür, das Personenbeförderungsgesetz nicht zu revolutionieren, sondern an die Praxis anzupassen. Er sieht eine Schieflage, weil im Fall des eigenwirtschaftlichen Verkehrs keine sozialen Vorgaben gemacht werden können. Die Anbieter könnten damit tarifgebundene Unternehmen ausstechen. „Es gibt gravierende tarifliche Unterschiede. Die Sozialstandards können bei der Eigenwirtschaftlichkeit unterlaufen werden“, sagte Eckermann. Der Wettbewerb dürfe aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten stattfinden.
Der SPD-Wirtschaftspolitiker Gerd Will sagte, Ziel seien vernünftige Rahmenbedingungen. Das Abrutschen nach unten in den unfairen Wettbewerb müsse verhindert werden. „Der Arbeitnehmer ist dabei immer das schwächste Glied in der Kette“, warnte Will und forderte eine Umwandlung in einen „fairen Markt“. Uwe Schünemann von der CDU wunderte sich im Ausschuss über einen Widerspruch zwischen Wirtschaftsministerium und den Fraktionen von SPD und Grünen. „Das Ministerium plädiert hier im Ausschuss für eine Anpassung des Gesetzes, SPD und Grüne wollen den Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit laut Antrag vollständig abschaffen. Das ist etwas völlig anderes“, so Schünemann. Es sei auch unklar, ob es wirklich so große Unterschiede in der tariflichen Bezahlung der Mitarbeiter gebe, wie sie von Rot-Grün beschrieben würden. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gabriela König, warnte vor Nachteilen für kleine und mittlere Unternehmen. CDU und FDP lehnten den Antrag im Ausschuss ab.
Laut Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) betreiben private Busunternehmen schon in mehreren Landkreisen den Verkehr ohne staatliche Zuschüsse. Zuletzt hatten sich vier private Busunternehmen zusammengeschlossen, die den Busverkehr in Oldenburg übernehmen wollen. Darüber will die Landesnahverkehrsgesellschaft bis Anfang Dezember entscheiden. Der GVN sieht bei einem Wegfall der Eigenwirtschaftlichkeit Nachteile für die privaten Unternehmen und befürchtet eine zunehmende Kommunalisierung. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet durch Privatisierungen dagegen deutlich niedrigere Löhne für die Busfahrer und spricht von Einkommensverlusten von 25 Prozent.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #211.