Noch hält sich die Zuwanderung von Asylsuchenden nach Niedersachsen in Grenzen. Doch Innenministerin Daniela Behrens (SPD) erinnert an die Erfahrung aus den vergangenen Jahren – da waren der September und Oktober die Monate mit dem stärksten Zustrom, und im gesamten Jahr 2023 waren es dann 30.000. Nun hat das Innenministerium festgelegt, auf welche Aufnahmepflichten sich die Kreise und kreisfreien Städte einstellen müssen.

Nach Berechnungen des Ministeriums werden zwischen April und September 2024 insgesamt 17.500 Asylbewerber, die eine Erstaufnahme bei der Landesaufnahmebehörde durchlaufen haben, auf die Kommunen verteilt. Wenn diese sechs Monate abgelaufen sind, gibt es ein neues Kontingent – und dessen Höhe richtet sich nach den dann aktuellen Zahlen. „Mit diesem System haben die Kommunen Planungssicherheit und können sich darauf einstellen, was ihnen bevorsteht“, sagte Behrens. Die Quoten berechnen sich nach Einwohnerzahl und den bisherigen Aufnahmen. Die Kommunen, in denen eine Landesaufnahmeeinrichtung existiert, erhalten einen Bonus und bekommen geringere Verpflichtungen. Auch jene werden entlastet, die bisher recht viele Menschen versorgt haben.
An der Spitze der Aufnahmepflicht liegt die Region Hannover (ohne Landeshauptstadt) mit 1993 Personen, hohe Quoten über 800 Personen haben die Kreise Harburg, Rotenburg, Leer, Lüneburg, Emsland und Hildesheim, unter 200 liegt die Quote in den Kreisen Holzminden, Lüchow-Dannenberg, Friesland und Wittmund, sowie in den Städten Oldenburg und Emden. Der Heidekreis, der Kreis Uelzen, die Stadt Osnabrück und der Kreis Göttingen (ohne die Stadt Göttingen) müssen im nächsten halben Jahr keine Asylbewerber aufnehmen. Die Stadt Salzgitter hat eine Quote von 295, muss davon aber nur 200 erfüllen, da die Kindergärten und Schulen schon jetzt sehr stark von Zuwanderung geprägt sind. Salzgitter soll später aber dafür mehr Personen unterbringen müssen.

Der „Zuzugsstopp“ für Salzgitter, Delmenhorst und Wilhelmshaven betrifft lediglich die Zuwanderer, die andere Kommunen verlassen und in diese Orte umziehen möchten – es aber dann nicht dürfen. Von der Landesaufnahmebehörde werden die von Behrens jetzt festgelegten Soll-Zahlen der Zuweisungen heruntergebrochen auf einen Wochen- oder Monatswert. Dann werden Busse von den Erstaufnahmezentren zu den Kommunen geschickt. Dabei soll es einen Vorlauf von sechs Wochen geben, damit sich die Bürgermeister und Landräte auf die Ankunft der Menschen einstellen können. Behrens sagte, dass diejenigen Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern, deren Asylbegehren sehr wahrscheinlich abgelehnt wird, gar nicht in die Kommunen kommen – sie bleiben dann in den Erstaufnahmestationen des Landes. Das betrifft etwa 30 Prozent derer, die nach Deutschland kommen.
Nach den Worten des Leiters der Landesaufnahmebehörde (LAB), Klaus Dierker, sind derzeit 5500 Plätze in den Erstaufnahmestationen belegt. Diese Stellen befinden sich in Oldenburg, Bramsche (Kreis Osnabrück), Osnabrück, Celle, Bad Bodenteich (Kreis Uelzen), Duderstadt und Bad Sachsa (beide Kreis Göttingen), Garbsen (Region Hannover), Hannover und Wangerland (Kreis Friesland). Im Kreis Cuxhaven und in Fürstenau (Kreis Osnabrück) kommen weitere womöglich hinzu.
Dierker plant ein „atmendes System“ bei den LAB-Unterkünften. In der „ersten Säule“ sind Unterbringungen kombiniert mit Schulen, Kindergärten und Frauenhäusern vorgesehen, das betrifft 7500 Plätze, drei weitere Säulen mit insgesamt 12.500 Plätzen schließen sich an – dann jedoch mit weniger guten Standards, in der vierten Säule geht es um Notunterkünfte in Zelten, Containern oder Messehallen, in denen Menschen nur vorübergehend leben sollen.
Nach Auskunft des Innenministeriums leben in Niedersachsen 21.300 Menschen, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die ausreisepflichtig sind. 17.000 von ihnen haben aber einen Status als Geduldete, da eine Rückführung nicht möglich oder vertretbar erscheint. Damit bleiben 4300 abgelehnte Asylbewerber in Niedersachsen, die eigentlich das Land sofort verlassen müssten.
Laut Dierker gab es 2023 insgesamt 1106 Rückführungen – das seien 42 Prozent mehr gewesen als 2022. Häufig werden Menschen nach Georgien, Moldawien und in den Westbalkan abgeschoben, da vielen von ihnen dort keine Verfolgung droht. In viele andere Länder scheitern Rückführungen deshalb, weil es zwischen der Bundesrepublik und den Herkunftsländern noch keine Abkommen gibt. „Solche Vereinbarungen mit Tunesien, Marokko und Ägypten würden große Fortschritte bringen“, sagt Behrens und drückt ihre Hoffnung auf erfolgreiche Bemühungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser aus.


