
Als strukturschwache Region zu gelten, ist für das Image nicht besonders förderlich. Dafür können die betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte von der sogenannten GRW-Förderung profitieren (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“), die zu den wichtigsten Instrumenten gehört, um in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. In Niedersachsen ist die Zahl der GRW-Fördergebiete auf 29 gestiegen. Neu dabei sind die Landkreise Rotenburg (Wümme), Wesermarsch, Ammerland, Cloppenburg sowie Osnabrück Stadt und Land. Lüneburg, Hildesheim und Celle fliegen dagegen aus dem Kreis der Förderberechtigten heraus.

Fast könnte man sagen: „Pech gehabt!“, denn die GRW-Fördermittel für Niedersachsen werden kräftig aufgestockt. Statt bisher 37 gibt es künftig 76 Millionen Euro jährlich. Doch das Wirtschaftsministerium spannt bereits ein kleines Rettungsnetz für die drei einstigen GRW-Landkreise auf. „Wir wollen die nicht auf Null fallen lassen. Da wird es ein Phasing-Out geben “, versprach Eberhard Franz aus dem Wirtschaftsministerium im Wirtschaftsausschuss des Landtags. Der Leiter des Referats für Wirtschaftsförderung und Unternehmenssanierung kündigte an, dass die drei Landkreise zum Ausgleich bei der Vergabe für die Strukturfördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) priorisiert werden sollen. Das ist nicht selbstverständlich, denn erstmals nach längerer Zeit darf Niedersachsen die EFRE-Mittel wieder im ganzen Land ausschütten und nicht nur in ausgewählten Kommunen.
„Wir haben uns dazu entschlossen, die EFRE-Mittel grundsätzlich nur außerhalb der GRW-Gebiete einzusetzen“, sagte Franz. Dadurch könnten etwa auch die Grafschaft Bentheim und das Emsland, die Region Hannover sowie der Großteil der Metropolregion Braunschweig-Wolfsburg von Strukturfördermitteln profitieren. Eine Kombination der beiden Förderprogramme soll es künftig nicht mehr geben. „Es kann aber sein, dass man irgendwann eine Ausnahme vorsehen muss, um EU-Mittel vollständig auszuschöpfen“, räumte der Referatsleiter ein. Für Niedersachsen stehen jährlich rund 15 Millionen Euro aus dem Europa-Fonds zur Verfügung. „Wir müssen bei den EFRE-Mitteln priorisieren, ansonsten ist der Topf schnell leer“, erläuterte Franz.

Auch bei der GRW-Förderung gibt es eine längere „Negativ-Liste“ mit vielen Branchen, die keine Förderung erhalten. Dazu zählen etwa Einzelhandel, örtliche Dienstleistungen, Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Bergbau sowie die Bauwirtschaft, die ja bereits mittelbar von den Förderprojekten profitiere. Grundsätzlich gilt: „Die Herstellung von Waren ist überwiegend förderfähig. Wenn es aber darum geht, Dinge zu vertreiben, fällt das hier raus. Es geht außerdem darum, die Projekte zu fördern, die ohne eine Förderung nicht realisiert werden“, erklärte der Referatsleiter. Um zu entscheiden, welche Projekte bei knappen Fördermitteln den Vorzug bekommen, will das Wirtschaftsministerium ein Scoring-Modell einsetzen.
Der Grünen-Landtagsabgeordnete Heiko Sachtleben vermisst die Unterstützung für die Kreativwirtschaft. Dörte Liebetruth (SPD) und Christian Frölich (CDU) wünschten sich mehr Förderung für das energieintensive Handwerk. „Wenn es um Transformationsprozesse geht, verstehe ich nicht, warum man die Bäcker da rausnimmt“, wunderte sich Frölich. „Wenn wir alle Öfen in den Backstuben modernisieren würden, hätten wir ein reines Bäckerförderprogramm. Diese Mittel zur Verfügung zu stellen, kann keine öffentliche Hand leisten“, entgegnete Franz.
Weil die Transformationskosten viel zu hoch sind, werde auch die Stahl- und Metallindustrie bei der GRW-Förderung nicht berücksichtigt. Der Hotelbereich sei dagegen förderfähig. „Ob das der Weisheit letzter Schluss ist, wird sich finden. Ich bin mir sicher, dass es in den nächsten ein, zwei Jahren noch zu Anpassungen kommen wird“, merkte der Referatsleiter an. Franz sagte weiter: „Ziel ist es, dass die neuen Förderrichtlinien bis Jahresmitte an den Start gehen.“ Bis Ende 2023 soll noch eine Übergangsphase gelten, erst 2024 sollen die neuen Bewilligungskriterien für alle Projekte verpflichtend sein.
Die deutsche und europäische Wirtschaftsstrukturförderung ist für öffentliche Einrichtungen und Kommunen sowie für kleine und mittlere Unternehmen gedacht. Zuschüsse für Großunternehmen sind bei EFRE grundsätzlich nicht vorgesehen, bei GRW waren sie bisher nur in den „Höchstfördergebieten der Kategorie C“ möglich. Deren Zahl sinkt in Deutschland beständig, in Niedersachsen gibt es davon nur noch vier: die Landkreise Friesland, Cuxhaven und Lüchow-Dannenberg sowie die Stadt Wilhelmshaven. „In der neuen Förderperiode können wir auch Großunternehmen außerhalb dieser vier Regionen Angebote machen. Das konnten wird in den letzten Jahren nicht und davon erhoffen wir uns eine ganze Menge“, sagte Franz. Voraussetzung ist, dass es sich um Umweltschutzmaßnahmen handelt, die über EU-Maßnahmen hinausgehen oder Bereiche betreffen, wo es keine Normen gibt.
„Die Förderung zur Erschließung von Gewerbegebieten werden wir zukünftig landesweit anbieten“, sagte Franz. Erschließungsmaßnahmen für einzelne Unternehmen zu fördern, sei laut Beihilferecht weiterhin untersagt. Der Referatsleiter betonte auch, dass man keine Gewerbegebiete ohne konkreten Bedarf fördern werde, um kein öffentliches Geld zu verpulvern. „Die Kommunen, die eine Förderung beantragen, müssen uns eine gewisse Nachfrage plausibel machen.“ Zudem müssten alle Projekte in regionale Konzepte und Strategien eingebunden sein. Als wichtige Förderkriterien nannte Franz außerdem die interkommunale Zusammenarbeit, die Fachkräftesicherung und die Transformation der Wirtschaft – etwa durch die Revitalisierung von Altstandorten. Dies werde vermutlich dazu führen, dass die Kommunen ihre neuen Gewerbegebiete gezielter vermarkten müssen, wenn sie auf öffentliche Förderung nicht verzichten wollen.