Neues Forschungszentrum im Laves soll Lebensmittel-Betrug besser aufdecken
Ob Pferdefleisch in der Tiefkühl-Lasagne, Kuhmilch im Fetakäse oder Zuckerzusatz im Honig: Immer wieder versuchen Kriminelle, bei der Zusammensetzung von Lebensmitteln zu betrügen. Laut EU entstünden dem Verbraucher dadurch jährlich Schäden in Höhe von 30 Milliarden Euro, erklärte Gabriele Guder vom Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) mit Sitz in Braunschweig und Hannover.
In ihrer Zuständigkeit wird deshalb gerade in Braunschweig ein neues Forschungszentrum aufgebaut, das sich auf das Erkennen von Lebensmittelbetrug spezialisiert. Das „Zentrum für Authentizität“ innerhalb des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) soll sich rüsten gegen immer raffiniertere Methoden zur Täuschung und Irreführung im Bereich der Lebensmittelproduktion. Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) betont die Bedeutung dieser Arbeit auch im Hinblick auf den kommenden Herbst. Denn sie befürchtet, dass es aufgrund der steigenden Erzeugerpreise zunehmend mehr Fälle von Verbrauchertäuschung geben könnte, wie sie am Freitag bei der Vorstellung des jährlichen Verbraucherschutzberichtes auf Nachfrage erklärte.
Für die Lebensmittel-Analytiker werde es immer schwerer, Verfälschungen in der Zusammensetzung von Lebensmitteln zu erkennen, erläuterte Guder. Denn die Fälscher gingen äußerst listenreich vor. So werde beispielsweise beim Strecken von Honig mit Zucker darauf geachtet, möglichst ähnliche Zuckersorten zu verwenden. Ist eine Fälschungsmethode erst einmal aufgedeckt, trete sie dann erst einmal nicht mehr auf. Die Kriminellen suchten dann nach neuen Wegen, sagt Guder.
Im neuen „Zentrum für Authentizität“ werden nun drei neuartige Analysemethoden angewandt, um Betrügern möglichst rasch auf die Schliche zu kommen. Eine dieser Methoden, das sogenannte „Next Generation Sequenzing“, ist bereits aus der Corona-Forschung bekannt. Im Lebensmittel-Sektor dient dieses Verfahren dazu, in nur einem Analysedurchlauf alle Tierarten nachweisen zu können, von denen Anteile im Produkt enthalten sind. So könne dann beispielsweise verhältnismäßig simpel erkannt werden, ob in Ziegenkäse auch Kuhmilch beigemischt ist, erläuterte Guder.
Eine weitere Methode, die dem MRT aus der Humanmedizin ähnelt, wird von den LVI-Wissenschaftlern dazu genutzt, eine Art Fingerabdruck des Untersuchungsgegenstandes zu entwickeln. Auf diese Weise können die Forscher dann den schon beschriebenen Zuckerzusatz im Honig erkennen. Mittel einer Isotopen-Analyse, der dritten Methode des LVI, können Aussagen etwa über die Herkunft der Lebensmittel oder die Art der Herstellung gemacht werden. Auch Echtheit, Reinheit und Freiheit von Zusatzstoffen können damit untersucht werden.
Im Verbraucherschutzbericht ging es darüber hinaus noch um folgendes:
Verstöße bei der Hälfte der Betriebe: Im vergangenen Jahr haben die kommunalen Überwachungsbehörden und das Laves mehr als 108.000 Betriebe kontrolliert. Bei jedem zweiten mussten die Kontrolleure etwas beanstanden. Häufig gehe es dabei um einfache Mängel, die rasch behoben werden konnten, erklärte Joachim Schwind, Geschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Der Anteil schwerwiegender Verstöße sei hingegen gering, erklärte Ministerin Otte-Kinast: „Bei rund 46.650 Kontrollen gab es nur 501 Bußgeldverfahren und 150 Strafverfahren.“
Haustiere als Corona-Phänomen: Während der Pandemie haben sich viele Menschen Haustiere angeschafft, die sie im Alltag dann doch nicht betreuen konnten. Das Agrarministerium hat deshalb die Tierheime mit einer Förderung bedacht, um die Notlage einzudämmen. Problematisch waren auch Hunde, die aus dem Ausland mitgebracht wurden. Laves-Präsident Prof. Eberhard Haunhorst berichtete von einem Tollwut-Fall, bei dem auf einen Schlag 30 Kontaktpersonen geimpft werden mussten.
Falsche Vanille im Eis: Von 21 Proben aus niedersächsischen Eisdielen, die das Laves im vergangenen Jahr untersucht hat, mussten 13 beanstandet werden. Bei 43 Proben aus der industriellen Herstellung waren es vier. In diesen Fällen wurden Aromastoffe genutzt, ohne die Verwendung zu kennzeichnen.
Keime im Sushi: Bei einer schwerpunktmäßigen Betrachtung besonders anfälliger Rohfisch-Produkte haben die Laves-Wissenschaftler in acht Prozent der Proben Fäkalkeime festgestellt. In sieben Prozent waren weitere krankmachende Keime gefunden worden.
Dieser Artikel erschien am 29.08.2022 in der Ausgabe #148.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
Jetzt vorbestellen