Noch ist die neue Corona-Verordnung nicht in Kraft getreten, und schon gibt es die ersten Beschwerden, dass die Vorgaben wiederum viel zu kompliziert ausgefallen und kaum nachvollziehbar seien. Regierungssprecherin Anke Pörksen nahm die Regeln indes in Schutz. Sie erklärte, dass manche Vorgabe in der Formulierung schwieriger klingt als in der Praxis. Manches liege auch daran, dass Landes-Vorgaben und das Bundes-Infektionsschutzgesetz ineinander greifen müssten. Was die Landes-Regel angeht, sind künftig drei Kriterien für die Beurteilung der Schritte notwendig. Erstens geht es, bezogen auf die Landkreise und kreisfreien Städte, um die Neuinfizierten, also die Fälle je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Steigen diese über 35, über 100 und über 200, so sind das für die nächste Schutzstufe entscheidende Größen. Hinzu kommen muss dann aber das Überschreiten von mindestens einer von zwei weiteren Grenzwerten – nämlich der Hospitalisierung, also der Belegung von Krankenhausbetten mit Covid-Patienten, und die Belegung der Intensivbetten in den Kliniken mit Covid-Patienten. Diese beiden Werte allerdings werden nur landesweit, nicht bezogen auf die jeweilige Kommune festgelegt.
Das Bundesinfektionsschutzgesetz indes macht diese Sache noch kniffliger: Wenn die Zahl der Neuinzidenzen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die 50 übersteigt (bezogen auf sieben Tage in Folge), dann gilt die 3G-Regel. Das heißt, Veranstalter (Gastwirte, Fitnessstudio-Betreiber oder Ausrichter größerer Versammlungen) können und sollen den Zutritt auf Getestete, Geimpfte oder Genesene beschränken. Dies sei eine „vorsorgliche Maßnahme“ erklärte Pörksen, die vor allem eine weitere Steigerung der Ansteckungen verhindern helfen soll. Was die im Landesrecht verhängten Warnstufen angeht, greifen diese schon ab einer Inzidenz von 35 – allerdings nur, wenn gleichzeitig die Krankenhausbelegung und die Intensivbetten-Belegung eine vorgegebene Grenze übersteigt.
Eine spannende, weil auch rechtlich nicht einfache Frage wird erst virulent, wenn die „Warnstufe II“ ausgerufen wird, also eine steigende Inzidenz mit einer noch stärkeren Belastung des Gesundheitssystems einhergeht. Dann sieht der Entwurf der neuen Verordnung vor, dass zu Gaststätten in den Innenräumen nur noch genesene und geimpfte Personen Zutritt haben, also keine Nicht-Geimpften mehr – während das auf den Außenflächen auch noch für Getestete möglich wäre. Bei Großveranstaltungen müssten die nicht geimpften erwachsenen Teilnehmer dann einen PCR-Test vorweisen. Bei Diskotheken wäre dann in der Warnstufe II die 2G-Regel verbindlich. Im nächsten Schritt, der Warnstufe III, würden Diskotheken ganz geschlossen werden, bei Großveranstaltungen würde dann ein Zutritt nur mit Impfnachweis möglich sein.
Die 2G-Regel ist damit zunächst nur ein Angebot für die Veranstalter – sie können diesen Weg wählen und damit ihr Hausrecht nutzen. Das Land räumt ihnen diese Möglichkeit ein. Wenn aber die Warnstufe II greift, ist das Zutrittsverbot für Nicht-Geimpfte in Gaststätten und bei größeren Veranstaltungen sogar verpflichtend. Spätestens dann dürfte es Menschen geben, die gegen den verweigerten Zutritt vor Gericht ziehen. Sie könnten argumentieren, dass das Land mit der Regel unverhältnismäßig stark in die Freiheitsrechte eingreift – und sie könnten damit argumentieren, dass ein negatives Corona-Testergebnis, womöglich auch über einen PCR-Test, ein ebenso überzeugender Beleg für die Nicht-Ansteckung ist und damit als Voraussetzung für den Zutritt eigentlich ausreichen müsste.
Tägliche Schüler-Tests nach den Herbstferien: Wie schon nach den Sommerferien, so soll auch nach den Herbstferien zunächst die Vorgabe gelten, dass Schüler jeden Tag morgens zuhause einen Corona-Selbsttest absolvieren, bevor sie zum Unterricht gehen. Das kündigte der Sprecher des Kultusministeriums an. Begründet wird das mit der Gefahr, dass gerade Urlaubsrückkehrer nach Ferienende das Virus aus dem Ausland einschleppen können. Unterdessen soll mit der neuen Corona-Verordnung die Maskenpflicht zunächst für Schüler der ersten und zweiten Klassen aufgehoben werden, sobald sie in der Klasse auf ihren Plätzen sitzen. Man prüfe dann, heißt es aus dem Kultusministerium, ob man die Maskenpflicht in einigen Wochen auch für Schüler der anderen Klassenstufen lockert.