Etliche neue Abgeordnete sind in den Landtag eingezogen, sie kommen in eine für sie neue Welt. Was treibt sie an, was wollen sie erreichen – wie stellen sie sich die Arbeit vor? In einer kleinen Serie stellt das Politikjournal Rundblick einige von ihnen vor. Heute hat Niklas Kleinwächter mit Omid Najafi (AfD) gesprochen. Hier anhören: Soundcloud | Spotify | Apple Podcast

Zur AfD ist der 34-jährige Omid Najafi erst relativ spät gekommen – nämlich Ende des Jahres 2021. Heute nun sitzt er für die Partei schon in einem Landesparlament, im niedersächsischen Landtag. Wie kam dieser Sprung? Najafi erzählt: Im Freundes- und Bekanntenkreis wurde er von AfD-Leuten angesprochen, und die hätten auf ihn so völlig normal gewirkt, ganz anders als in den Medien immer beschrieben worden sei. Dann hatte er das Bundestags-Wahlprogramm der AfD gelesen und viel wahrgenommen, dem er zustimmen konnte. Der junge Mann besuchte die Kreisparteitage, den Landesparteitag, fuhr sogar zum Bundesparteitag. Das machte ihn in den einschlägigen Kreisen bekannt. So war es am Ende dann keine Überraschung, als ihn die Aufstellungsversammlung zur Landtagswahl auf Rang 14 setzte. Es war ein sicherer Platz, wie sich am Wahlabend herausstellte.
Das Besondere an Omid Najafi ist nicht nur sein Name, sondern auch sein Aussehen. Seine Eltern stammen aus dem Iran, man sieht es ihm auch an. Schon ein paarmal hat er am eigenen Leib erlebt, wie er die gerade im Wahlkampf nicht seltenen AfD-Gegner mit seiner Erscheinung schocken oder zumindest verunsichern kann. In Hannover-Döhren etwa schrieben Demonstranten „Hier ist kein Platz für Rassisten“ auf die Straße. Najafi ging zu ihnen hin und fragte, was sie damit meinen. „Die haben dann ganz sachlich versucht, ihre Haltung zu erläutern“, sagt der Abgeordnete. Er spürte, wie sein Aussehen die Demonstranten irritiert hatte, denn damit hatten sie nicht gerechnet. „Für Leute, die uns Rechtsradikalismus vorwerfen, bricht eine Welt zusammen, wenn sie mich sehen“, sagt er.

Nun soll man sich nicht täuschen, auch Omid Najafi hat durchaus radikale Sichtweisen. Geboren in Rheinland-Pfalz, wuchs er in Hannover auf, machte hier Abitur und startete ein Studium der Betriebswirtschaft, das er nach vier Semestern aber abbrach. „Ich hatte nicht mehr so viel gesehen, was ich hätte noch lernen wollen.“ Er wurde selbstständig, gründete eine Promotion-Firma, wechselte dann zu einer IT-Firma und entschied sich Ende 2019, selbst aktiv an der Börse zu handeln. Im Wahlkampf entfuhr ihm der Satz „Unser Land wird von Idioten regiert“, im Interview erklärt er, dass die Ausgabentätigkeit des Staates die Inflation noch anheize, und dass der Euro zur Rücksichtnahme auf Südeuropa zwinge – mit der Folge, dass ein erfolgreiches Gegensteuern kaum möglich sei. Für ihn werden „schlimme Zeiten kommen“. Manches klingt dabei verschwörerisch. Im Landtag wird Najafi für die AfD der neue wirtschaftspolitische Sprecher sein.

Wenn er berichtet über den Wahlkampf, den Wahlabend und die ersten Tage im Landtag, dann sind das nicht völlig normale Berichte. Einerseits, ja, sei der Wahlkampf von so wenig Störungen wie selten begleitet gewesen. „Früher waren 90 Prozent unserer Plakate zerstört worden, diesmal waren 90 Prozent heile geblieben.“ Aber den Ort der Wahlparty, des AfD-Erntedankfestes oder anderer Treffen der Partei möchte er nicht gern irgendwo lesen – denn die Gastwirte könnten sonst von militanten AfD-Gegnern heimgesucht werden, wie er meint. Mit großer innerer Unruhe liest Najafi die Nachrichten über die Proteste im Iran, der Heimat seiner Eltern. Wie die Sicherheitskräfte auf die Demonstranten eingeschlagen hätten, aber auch, wie Demonstranten Gewalt gegen Polizisten gezeigt hätten, „bricht mir das Herz“, sagt er. Das sei alles heftiger als je zuvor, und doch glaubt Najafi, die Lage werde sich beruhigen. „Die Regierung oder das Regime im Iran, gleich wie sie es nennen wollen, genießt eine sehr große Unterstützung in der Bevölkerung.“ Die Bevölkerung von 80 Millionen Menschen habe ein Durchschnittsalter von 34. „Man muss verstehen, was dort geschieht – was nicht heißt, dass man dafür Verständnis haben muss.“ (kw)