Einen Tag nach der Bundestagswahl, die vor allem für CDU und SPD mit Enttäuschungen endete, wird jetzt in Niedersachsen über eine neue politische Option diskutiert: Soll es, wenn die Stimmen reichen sollten, zu einem rot-rot-grünen Bündnis nach der Landtagswahl in knapp drei Wochen kommen? Ministerpräsident Stephan Weil sagte am Montag in einem NDR-Hörfunkinterview, für ihn sei die Linkspartei in Niedersachsen „ein unbeschriebenes Blatt“, deshalb falle es ihm schwer, sich „inhaltlich dazu zu äußern“. Auf die Frage, ob diese Äußerung als erster Schritt einer Öffnung zur Linken zu sehen ist, meinte SPD-Generalsekretär Detlef Tanke gestern: „Über eine Koalitionsbildung kann man frühestens nach dem 15. Oktober sprechen.“ Eine negative Einschätzung tat Tanke allerdings gegenüber der CDU kund: „Die ganz große Mehrheit der SPD-Mitglieder in Niedersachsen kann sich nicht vorstellen, eine Koalition mit dieser CDU einzugehen.“ CDU-Generalsekretär Ulf Thiele erklärte: „Wenn Rot-Rot-Grün die letzte Option von Herrn Weil wäre, Ministerpräsident zu bleiben, dann müssen wir von ihm noch stärker als bisher fordern, Farbe zu bekennen.“ Die CDU jedenfalls, so betont Thiele, lehne „jegliche Zusammenarbeit mit AfD und auch mit der Linkspartei ab“.

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Auslöser für die Diskussion über Rot-Rot-Grün in Niedersachsen ist das überraschend gute Abschneiden der Linken bei der Bundestagswahl in Niedersachsen. Die CDU erreichte ein Landesergebnis bei den Zweitstimmen von 34,9 Prozent, die SPD von 27,4 Prozent, die FDP von 9,3 Prozent, die AfD von 9,1 Prozent, die Grünen von 8,7 Prozent und die Linken von 6,9 Prozent. Christ- und Sozialdemokraten liegen damit wesentlich besser als im bundesweiten Ergebnis. SPD-Generalsekretär Tanke meinte, die SPD werde jetzt auf einen Persönlichkeitswahlkampf setzen und die Popularität von Weil nutzen. Auf Bundesebene sei es „richtig, logisch und notwendig“, die Oppositionsrolle anzustreben und der AfD nicht die Eigenschaft der Oppositionsführung zu überlassen. Außerdem gehe es „um die programmatische Neuaufstellung und Verjüngung der Partei“. CDU-Generalsekretär Thiele warf der SPD vor, sich „in die Schmollecke zurückzuziehen“ und sich mit ihrem frühen kategorischen Nein zu Gesprächen mit der Union „aus der Verantwortung zu stehlen“. Die CDU werde im Wahlkampf konsequent auf landespolitische Themen setzen – Unterrichtsausfall, Bekämpfung des Extremismus, Ausbau von Verkehrswegen und mehr Investitionen für ein flächendeckendes Internet-Angebot.

https://soundcloud.com/user-385595761/spd-niedersachsen-konnen-uns-eine-groko-in-niedersachsen-nur-schwer-vorstellen

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel erklärte, nach der Landtagswahl sei ihre Partei bereit zu Gesprächen „mit allen demokratischen Parteien“. Sie schloss nur die AfD aus, nicht aber die Linkspartei. Mit der CDU seien „nicht viel inhaltliche Schnittpunkte zu erkennen“, fügte sie hinzu, und die Ablehnung von Rot-Rot-Grün durch CDU-Generalsekretär Thiele sei „Angstmacherei“. Die Linken-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Anja Stoeck, zeigt sofort bereit für Gespräche mit SPD und Grünen – auch wenn dies nicht sofort in eine Koalition münden müsse. Auf die Aussage von Weil, er kenne die Inhalte der Landes-Linken nicht, entgegnete Stoeck, dass das Programm für jedermann lesbar sei. Die Linken wollten eine Stärkung der Gesamtschule, mehr Investitionen für neue Lehrer, und Lernmittelfreiheit. Sie sagten strikt Nein zu einem Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Der FDP-Generalsekretär Gero Hocker wiederum zeigte sich skeptisch gegenüber einer Kooperation mit den Grünen in Niedersachsen, da zwischen beiden Parteien „die Gräben ganz tief“ seien. Ausschließen könnten die Freien Demokraten eine Koalition von SPD, Grünen und FDP.

https://soundcloud.com/user-385595761/cdu-niedersachsen-spd-stiehlt-sich-aus-der-verantwortung

Die AfD wird nach den Worten ihres Landesvorsitzenden Armin-Paul Hampel auch im Landtagswahlkampf das Thema Flüchtlingspolitik hervorheben. „Das brennt den Leuten auf den Nägeln, mit vielen Entscheidungen der Landesregierung in diesem Zusammenhang sind die Bürger nicht einverstanden.“ Außerdem werbe die AfD für einen Ausbau von Straßen, gegen eine überstürzte Energiewende und für eine Landwirtschaftspolitik, die die Bedeutung regionaler Produkte aus dem eigenen Land hervorhebe.