31. Jan. 2024 · 
Finanzen

Nach dem Hochwasser: Stromkosten für Schöpfwerke belasten die Verbände

Reichen die 111 Millionen Euro aus, die nach den Plänen der rot-grünen Landesregierung in einem Nachtragshaushaltsplan für die Beseitigung der Flutschäden und für entsprechende Vorsorgeschritte vorgesehen sind? In einer Anhörung des Haushaltsausschusses wurden massive Zweifel laut. Der Vorsitzende des Wasserverbandstages, Godehard Hennies, sprach von einem „massiven Problem“. Allein im Bereich Stade seien 148 Schöpfwerke in Betrieb. Die Stromkosten betrügen aber zwischen 500 und 600 Prozent des üblichen Wertes. Das liege auch daran, dass zum Jahreswechsel die Wasser- und Bodenverbände aus Sonderverträgen ausgeschieden sind und nun den teuren Grundtarif bezahlen müssten. Die CDU-Abgeordneten Björn Thümler, Ulf Thiele und Jörn Schepelmann wiesen darauf hin, dass sich vielerorts gewaltige Summen an Stromkosten anhäuften. Laut Thümler zieht sich das „über die gesamte Nordseeküste hin“. Thiele meinte, dass „viele Wasserverbände das nicht überstehen, wenn sie dafür allein aufkommen müssen“. Der Vertreter des Umweltministeriums, Lars Hampel, sagte eine Prüfung der zuständigen Fachabteilung zu. Martina Wethkamp aus dem Finanzministerium sagte, dass die Hochwasserschutz-Vorhaben im Nachtragsetat auf Flexibilität ausgelegt sind – und notfalls Mehrausgaben für Stromkosten abgedeckt werden könnten.

Der Nachtragsetat soll nächste Woche im Landtag beschlossen werden, die Vorstellungen der Landesregierung sind weitgehend deckungsgleich mit den Ideen der CDU, die schon einige Tage vorher vorgestellt worden waren. Der Haushaltsausschuss wollte dazu nun noch mal Interessenvertreter hören. Prof. Hubert Meyer vom Niedersächsischen Landkreistag (NLT) meinte, dass der Hochwassereinsatz über Weihnachten, Silvester und die ersten Tage des neuen Jahres unter einer besonderen Prämisse gestanden hatte. In mehreren Landkreisen wurde ein „außergewöhnliches Ereignis“ festgestellt. Meyer sagte, nun müsse das Innenministerium allerdings noch feststellen, dass dieses Ereignis „ein ungewöhnliches Ausmaß“ hatte. Nur dann sei es möglich, dass das Land Entschädigung an die betroffenen Kreise und kreisfreien Städte zahlt. Laut Meyer ist es derzeit „unmöglich“, schon eine Kostenschätzung zu den Schäden abzugeben. Tatsächlich sei die Infrastruktur offenbar erheblich belastet – also Deiche, Straßen und Schienenwege. Es sei nicht sehr konstruktiv gewesen, dass aus dem Umweltministerium schon früh über die Höhe einer Soforthilfe öffentlich spekuliert worden war, noch bevor es überhaupt eine Richtlinie über die Geldverteilung gab. „Das hat viel Unruhe ausgelöst“, sagte Prof. Meyer.

Hennies vom Wasserverbandstag wies auf die besondere Situation der Deiche hin. Dort habe sehr lange das Wasser sehr hoch gestanden, und derzeit seien die Wasserverbände intensiv damit beschäftigt, die Sicherheit der Deiche zu sichten und etwaige Schäden festzustellen. Als weiteres Problem komme das steigende Grundwasser noch hinzu. Nach Ansicht von Hennies müsse das Land jetzt „das bisher Undenkbare planen“ und sich auf noch viel größere Hochwasserlagen und Sturmfluten einstellen. Dazu reichten die bisher anvisierten Mittel aber bei weitem nicht aus. In Sachsen-Anhalt werde für eine 300 Kilometer lange Deichlinie eine Summe von 220 Millionen Euro investiert. Die von Niedersachsen bisher vorgesehene Summe sei niedriger, aber man habe es hierzulande mit 2000 Kilometern Deich zu tun.

Im Ausschuss wurde intensiv über einzelne Probleme und Schritte diskutiert. Der CDU-Sprecher Thiele meinte, führende Vertreter der Bundesregierung hätten Hilfe für die niedersächsischen Flutopfer angekündigt. Bisher sehe es aber nicht so aus, dass sich hier etwas tue. Prof. Meyer meinte, das Gesprächsklima zwischen Bund und Land sei „schwierig“, er erwarte hier keine Fortschritte. Philipp Raulfs (SPD) sagte, jede Ebene müsse ihre Arbeit machen – und man solle sich im Landtag doch auf die Betrachtung der Landespolitik konzentrieren, und diese sei einwandfrei gelaufen.

Hilfe aus Frankreich: Da in Deutschland nicht genügend mobile Hochwasser-Deiche verfügbar waren, beantragte das Innenministerium über die Europäische Katastrophenhilfe eine Unterstützung aus dem Ausland. Diese kam auch, das französische Militär wurde im Raum Celle aktiv – begleitet von einem großen medialen Aufwand. Wie Thümler erklärte, habe man dem Haushaltsausschuss jüngst in Brüssel versichert, dass die Kosten dafür am Ende die EU trage. Es sei im Übrigen das erste Mal gewesen, dass ein Bundesland nach diesem Modus EU-Hilfe bestellt habe.

Pegelsystem ausreichend? Berend Lindner vom Landesrechnungshof erklärte, seine Behörde überprüfe gegenwärtig den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWKN). Schon jetzt sei erkennbar, dass es dort einen „riesigen Investitionsstau“ gebe, den man aber geschickt lösen könne. Der CDU-Abgeordnete Schepelmann meinte, in einigen Bereichen hätten die Pegel offenbar nicht optimal funktioniert, es habe zu späte Warnungen gegeben. (kw)

Dieser Artikel erschien am 1.2.2024 in Ausgabe #019.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail