Lesen Sie auch: Bürokratieabbaustelle: Grüne wittern Lobby-Bevorzugung
Der Sprecher der IHK Hannover, Stefan Noort, wies die Vorwürfe des BFFK zurück. Seine Kammer habe bundesweit im Durchschnitt die niedrigsten Beiträge, bereits 2009 sei die Beitragsrückerstattung umgesetzt worden. Schon 2015 habe der Landesrechnungshof der IHK eine straffe und mit kaufmännischer Vorsicht betriebene Haushaltsführung bescheinigt. „Alle Rücklagen der IHK werden nach dem Gebot der Schätzgenauigkeit jährlich neu ermittelt und durch die Vollversammlung festgestellt. Bis heute hat kein Gericht einen Bescheid der IHK Hannover unter Verweis auf die Rücklagen aufgehoben.“ Auch das Kapital der Kammer sei nicht überhöht. Der BFFK instrumentalisiere das Urteil gegen die IHK Braunschweig und Lüneburg-Wolfsburg für „einen Aufruf zu sinnlosen Klagen“ und handle damit „unverantwortlich“. Eine Sprecherin des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums, das die Kammeraufsicht ausübt, zeigte sich zurückhaltend. Zunächst müsse man die Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts abwarten, bisher gebe es daher keinen Anlass, von rechtswidrigen Wirtschaftsplänen der IHKen auszugehen.
Bis heute hat kein Gericht einen Bescheid der IHK Hannover unter Verweis auf die Rücklagen aufgehoben.
Doch die Debatte über die Folgen des Urteils geht bereits los. Kai Boeddinghaus, Geschäftsführer des „Bundesverbandes für freie Kammern“ (BFFK) und damit vehementer Gegner von Zwangsmitgliedschaften, sieht als Folge des Ende Januar getroffenen Urteils weitreichende Konsequenzen für mehrere niedersächsische Kammern – auf jeden Fall aber für die IHK Hannover, Braunschweig, Lüneburg-Wolfsburg und Osnabrück. „Ohne Nachtragshaushalte, die das unzulässige Vermögen auflösen, sind alle Beitragsbescheide angreifbar“, erklärte Boeddinghaus im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Die Sorge bestehe, so Boeddinghaus, dass die Kammern zunächst einmal gar nicht reagieren und in diesen Wochen Beitragsbescheide verschicken. Dabei vermutet der BFFK hohe Summen an Rücklagen, die nach der Rechtsprechung fragwürdig sein könnten – 3,5 Millionen Euro in Braunschweig, 3,25 Millionen in Lüneburg-Wolfsburg, 3 Millionen in Hannover, und 1,67 Millionen in Osnabrück. In Oldenburg liegt der Fall auch nach Ansicht des BFFK anders, hier soll es Boeddinghaus zufolge Rücklagen von 1,7 Millionen Euro geben.