Man möchte CDU-Kandidat im Emsland sein – aber kein Grüner in Braunschweig
Preisfrage: Wer hat die besten Chancen auf gute Startbedingungen für die Landtagswahl? Die CDU und die Linken haben ihre Liste schon aufgestellt, die SPD, die Grünen, die FDP und die AfD folgen erst nach der Sommerpause. Bei den Grünen ist das Getuschel gegenwärtig besonders groß – und einigen Abgeordneten sieht man an, wie nervend das alles sein kann. Mitte August steht die Entscheidung an: Derzeit hat die Fraktion 20 Mitglieder – eine Folge des sehr guten Ergebnisses bei der Landtagswahl 2013, als die Grünen 13,7 Prozent erreichten. Was aber geschieht, wenn es nur noch die Hälfte wird oder noch weniger? Dann verkleinert sich die Fraktion, mit heftigen Folgen für einige Betroffene. Die „Neuen-Quote“ verschärft das Problem noch – auf jedem dritten Platz soll jemand kandidieren, der bisher nicht dem Landtag angehörte. Da müssen die Altgedienten dann zurückstecken.
Was heißt das nun für die Landesliste, die Anfang August aufgestellt wird? Drei Personen dürften gesichert sein, die Fraktionsvorsitzende Anja Piel als voraussichtliche neue Spitzenkandidatin, Umweltminister Stefan Wenzel als Nummer zwei auf der Liste. Position vier dürfte (nach einem Newcomer auf Rang drei) auf Agrarminister Christian Meyer zulaufen, der Grünen-intern als einer der mächtigsten Politiker gilt, als Wortführer der linken Flügels. Danach könnte der Bezirk Weser-Ems Ansprüche anmelden, die Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz steht hier bereit. Gute Chancen auf einen guten Platz unter den ersten sieben hat auch Helge Limburg, der Parlamentarische Geschäftsführer aus Holzminden (ebenso wie Meyer). Miriam Staudte, die bei den Grünen die nicht zuletzt wegen Gorleben so starke Region Lüneburg repräsentiert, kommt hier auch in Betracht. Aus Weser-Ems könnten dann weitere noch nach vorn drängen, weil der Nordwesten des Landes auf den vorderen Listenplätzen unverhältnismäßig schwach vertreten ist – denn Piel, Wenzel, Meyer und Limburg sind nun mal Süd-Niedersachsen. Außerdem tritt Weser-Ems ziemlich geschlossen auf, und bei der Aufstellung der Bundestags-Landesliste hat es einen erfolgreichen Pakt zwischen Linken und Weser-Ems gegeben. Das ließe sich wiederholen. Und da sind dann noch die Hannoveraner, unter denen wohl der Innenpolitiker Belit Onay die besten Startvoraussetzungen auf einen vorderen Listenplatz hat.
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Wer sind die Leidtragenden dieser Entwicklung? Der Blick fällt gen Osten. Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic hatte schon vor der Landtagswahl 2013 Probleme, einen guten Listenplatz zu erlangen, diesmal dürfte es wieder so sein. In Braunschweig gibt es noch einen weiteren Abgeordneten, den viele in der Partei für einen Mann mit Zukunft halten – den sehr versierten, gerade mal 38 Jahre alten Finanzpolitiker Gerald Heere. Nur: Über die Braunschweiger heißt es, dass sie längst nicht die Geschlossenheit und Schlagkraft haben, die etwa die Weser-Ems-Grünen auszeichnet. Erschwerend kommt hinzu, dass Heinen-Kljajic und Heere nicht den Bonus haben, in der Fraktion als „Linke“ angesehen zu sein. Sie gelten als Realos, und die haben es bei den herrschenden Mehrheitsverhältnissen bei den Grünen weitaus schwerer als die anderen. „Minister müssen ja nicht vorn auf der Landesliste stehen“, heißt es beruhigend aus der Partei gegenüber denen, die Mitte August eine öffentliche Demontage und Schwächung von Heinen-Kljajic befürchten. Umgekehrt gilt aber: Wenn die Grünen nicht mehr an der Regierung beteiligt sein sollten, wäre die Landtagsmitgliedschaft wohl die einzige reale Chance, weiter die Geschicke mitbestimmen zu können. Und die könnte Heinen-Kljajic und Heere verwehrt werden.
Wie sieht es nun bei CDU und SPD aus? Relativ gelassen können bei der CDU die Politiker aus dem Emsland, dem Hamburger Umland und der Lüneburger Heide sein – hier waren die Wahlkreise 2013 ziemlich sicher, das schafft ein hohes Selbstbewusstsein der Kandidaten. Umgekehrt gilt das bei der SPD mit Bezug auf den Raum Braunschweig, Göttingen und Süd-Niedersachsen, außerdem Ostfriesland (mit Ausnahme von Leer), Salzgitter und Peine. Aber dazwischen gibt es Wahlkreise, die je nach der Großwetterlage mal an die eine, mal an die andere große Partei fallen, in den USA würde man sie „Swing-States“ nennen. Dazu gehören Walsrode und Osterholz, Osnabrück und Wolfsburg, Seesen und Wolfenbüttel-Nord, Leer und Hameln-Rinteln, Wilhelmshaven und Wesermarsch, Bad Pyrmont, Delmenhorst, Helmstedt und Lüneburg, Hildesheim, Sarstedt und auch einige hannöversche Wahlkreise. Wird nun hier der Wahlkampf besonders engagiert betrieben? Auf jeden Fall hoffen die Direktkandidaten von SPD und CDU jeweils, dass sie über die Landesliste abgesichert werden, da ein Sieg in ihren Wahlkreisen – anders als in den Hochburgen – keineswegs als wahrscheinlich gilt.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass CDU und SPD bei der Landtagswahl am 14. Januar relativ dicht beieinanderliegen. Bei der CDU gibt es auch einige bekannte Abgeordnete, die keinen sicheren Wahlkreis haben und trotzdem nicht gut auf der Liste abgesichert sind – etwa Uwe Schünemann (Holzminden). Die Liste der SPD ist noch nicht ausgetüftelt, hier wird intern noch abgewogen und ausgelotet. Bei der FDP sind allein schon aus wahlhistorischen Gründen vor einer Landtagswahl immer die ersten sieben Plätze im Fokus. Wer mit 5,0 Prozent in den Landtag einzieht, kann auf sieben Sitze hoffen. Unumstrittener Spitzenkandidat wird wie bereits 2013 wieder der Parteivorsitzende Stefan Birkner. Die Plätze zwei bis vier gehen voraussichtlich an FDP-Fraktionsvize Jörg Bode (Celle), Sylvia Bruns (Hannover) und Marco Genthe (Osnabrück). Der fünfte Platz ist für Oldenburg reserviert, hier käme der bisherige Abgeordnete Horst Kortlang in Frage, der parlamentarisch bisher aber nur wenig in Erscheinung getreten ist. Hinter Kortlang müssten sich dann der Parlamentarische Geschäftsführer Christian Grascha (Einbeck) und Björn Försterling (Wolfenbüttel) einreihen. Für Platz acht gibt es dann schon zwei Interessenten: Jan-Christoph Oetjen (Rothenburg) und Hermann Grupe (Holzminden). Der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Christian Dürr, tritt auf der Landesliste nicht mehr an. Er ist niedersächsischer FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl. (kw/MB).