
Pandemie offenbarte "Flexibilitätsreserven"
Dabei hob der FDP-Vorsitzende hervor, dass sich mit der Pandemie in der deutschen Gesellschaft „enorme Flexibilitätsreserven“ gezeigt hätten. Zwar komme es vor, dass Menschen in Supermärkten ihren Nebenmann unfreundlich anmeckern, wenn bei denen die Maske verrutscht ist, manche würden in solchen Situationen „ihren inneren Hilfssheriff entdecken“. Die überwiegende Zahl der Bürger aber zeige ihre Hilfsbereitschaft für Ältere, ihre Rücksichtnahme und ihr Verständnis für teilweise weitgehende Grundrechtsbeschränkungen. Auch der plötzliche Umschwung zu wesentlich mehr Heimarbeit ist aus Lindners Sicht eine positive Entwicklung, zumal in den geltenden Vorschriften „der Arbeitgeber sogar den Neigungswinkel der Bürolampe, die ein Mitarbeiter zuhause für Heimarbeit nutzt, bestimmen muss“.
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Das Lieferkettengesetz, das dem Händler eine Mitverantwortung für die Herstellung von Vorprodukten zuordnet, sei ein Ausbund an „Bürokratismus“. Lindner hält es zudem für einen Fehler, die Kurzarbeiterregelung bis Ende 2021, also die Zeit nach der Bundestagswahl, zu verlängern. Das geschehe offenbar in der Absicht, ein Firmensterben auf die Zeit nach dem Wahlkampf zu verlagern. Bis März 2021, meint der FDP-Chef, wäre das richtiger gewesen, man dürfe die Existenz kranker Firmen nicht zu sehr künstlich verlängern. Er schlage daher vor, dass die Firmen den steuerlichen Verlust 2020 mit Gewinnen 2018 und 2019 verrechnen können. In einem solchen Fall profitierten nur Betriebe, die vor Ausbruch der Corona-Krise noch eine reelle Fortführungsperspektive hatten.
Lindner gegen EU-Klimaziele
Kritisch beleuchtet Lindner die aus seiner Sicht übereifrigen Pläne zur Kohlendioxidreduktion in der EU-Kommission. Eine rot-grüne, von der EU-Kommission gestützte Politik bedeute eine Auflage für Deutschland, in sieben Jahren 70 Prozent einzusparen. „Kommt das so, dann kann Salzgitter-Stahl seine Produktion einstellen und die Chinesen nehmen den Platz auf dem Weltmarkt ein“, meint Lindner. Wichtiger sei es aus seiner Sicht, die Wasserstofftechnologie zu stärken und hier auch über Transportwege von Süd- nach Nordeuropa nachzudenken. Die Photovoltaik-Produktion in Italien zu verstärken, wäre eine sinnvolle Verwendung der hohen Kredite, die die EU jetzt aufnehme – „das ist besser, als mit dem Geld der EU einfach nur die Schulden aus der Berlusconi-Zeit abzubezahlen“. [caption id="attachment_54130" align="alignnone" width="780"]