Hinrich Lehmann-Grube, ehemaliger Oberstadtdirektor von Hannover und später erster frei gewählter Oberbürgermeister von Leipzig nach dem Fall der Mauer, ist im Alter von 84 Jahren an Krebs gestorben. Der in Königsberg gebürtige Ostpreuße, der nach einer Tätigkeit beim Deutschen Städtetag 1979 zum Oberstadtdirektor der niedersächsischen Landeshauptstadt gewählt wurde und dieses Amt bis 1990 behielt, hatte den Beinamen „der rote Preuße“. Sein Führungsstil war Inbegriff preußischer Tugenden wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Bescheidenheit und Klarheit. In seiner Zeit in Hannover hatte es stets ein Spannungsverhältnis zwischen ihm und dem – damals ehrenamtlichen – Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg gegeben. Während Schmalstieg die Zweigleisigkeit verteidigte, die dem Verwaltungschef Lehmann-Grube nur einen formal zweiten Rang in der Kommunalpolitik einräumte, stritt der Oberstadtdirektor für eine Reform der Kommunalverfassung. Er wollte erreichen, dass der Verwaltungschef Oberbürgermeister heißt, direkt vom Volk gewählt wird und damit auch formell erster Ansprechpartner für alle Belange der Bürger ist. Der geschichtliche Verlauf wollte es, dass beide SPD-Politiker später in den Genuss dieses Modells kamen – Lehmann-Grube 1990 in Leipzig und Schmalstieg 1996 in Hannover, nachdem die Gemeindeordnung dort im Sinne von Lehmann-Grube geändert worden war. In Leipzig suchte Lehmann-Grube, der noch vor seiner Wahl im Mai 1990 die DDR-Staatsbürgerschaft angenommen hatte, eine gezielte Verständigung aller politischen Kräfte. Er blieb auch nach dem altersbedingten Ende seiner Amtszeit in der sächsischen Stadt wohnen.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #132.