Langer Weg in die WLAN-Oase
Früher beklagten sich Kunden häufig noch über die „Servicewüste Deutschland“. Inzwischen hat sich die Wahrnehmung etwas verändert. Der Begriff wurde von der Klage über eine „WLAN-Wüste Deutschland“ abgelöst.
In der Tat hinkt Deutschland im internationalen Vergleich deutlich hinterher. Spitzenreiter sind Südkorea und Großbritannien. Aber auch Frankreich oder Polen hängen Deutschland bei der Zahl der freien Hotspots locker ab.
In Niedersachsen versucht die Landesregierung, mit einer Förderung der Freifunk-Initiativen mehr WLAN auf die Straßen zu bekommen. Beim Freifunk stellen Nutzer nicht-kommerziell freies WLAN zur Verfügung. Das kann das Restaurant an der Ecke sein, aber auch der Mieter im Mehrfamilienhaus. Die Landesregierung hat den Freifunk-Initiativen im April unter anderem 100.000 Euro zur Verfügung gestellt. Mit dem Geld sollen zum Beispiel WLAN-Router gekauft werden. Inzwischen hat das zuständige Breitband Kompetenzzentrum Niedersachsen schon mit Freifunkern darüber beraten, welche Router angeschafft werden sollen.
Das Geld ist gut, aber nicht die Hauptsache. Das sagen gleich zwei, die es wissen müssen. Bernd Schittenhelm engagiert sich in der Freifunker-Initiative Hannover. Die Freifunker helfen zum Beispiel dabei, in Flüchtlingswohnheimen den Internetzugang zur Verfügung zu stellen. „Es ist doch wichtig, dass die Flüchtlinge mit ihren Familien zu Hause in Kontakt treten können“, sagt Schittenhelm, den es direkt nach dem Gespräch schon wieder zu einem Restaurant in der Nordstadt von Hannover zieht, dessen Besitzer er überzeugen möchte, auch ein Freifunker zu werden.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Maximilian Schmidt treibt das Thema politisch voran. Schmidt ist inzwischen selbst begeisterter Freifunker. Er bietet zum Beispiel freies WLAN vor seinem Bürgerbüro in Winsen an der Aller an. „Deshalb sitzen auch immer ganz viele Leute vor meinem Büro“, freut er sich.
Schittenhelm bezeichnet das Geld als Tropfen auf den heißen Stein. „Noch wichtiger war für uns die politische Unterstützung durch Landtag und Landesregierung“, sagt er im Gespräch mit dem Rundblick. „Wir waren eine Graswurzelbewegung, jetzt sind wir politisch anerkannt.“ Das sieht auch der SPD-Politiker Schmidt so. „Wir wollten Offenheit für die Freifunker schaffen.“
Allerdings: Wenn es um Gebäude des Landes geht, dann ist die neue Offenheit noch ausbaufähig. Die Gespräche mit Landesliegenschaften zur Einrichtung von Freifunk-Netzen laufen noch, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Einem Router am Ministerium selbst stehe man offen gegenüber. Noch sei aber keine Freifunkinitiative an das Wirtschaftsministerium herangetreten, um einen Router zu installieren.
Der SPD-Abgeordnete Schmidt erhofft sich mehr Tempo: „Ich warte darauf, dass das Land da auch einmal in Vorleistung geht und in die Puschen kommt“, sagt er dem Rundblick. Bernd Schittenhelm wünscht sich ebenfalls mehr Offenheit bei Land und Kommunen. „Gebt uns Zugang zu Straßenlaternen, anderen öffentlichen Gebäuden oder Hochschulen.“ Bei Hochschulen wird es schon wieder schwierig. „Die Hochschulnetze dürfen aus Sicherheitsgründen für ein offenes WLAN nicht genutzt werden“, teilte das Wirtschaftsministerium mit und beruft sich auf das Wissenschaftsministerium.
Trotz aller Hindernisse sei die Verbreitung inzwischen gar nicht so schlecht, freut sich Schittenhelm. „Wandel dauert halt immer ein bisschen“, meint Maximilian Schmidt. Auf die Frage, mit welchen Fortschritten er bis zum Ende der Legislaturperiode rechnet, kommt die optimistische Antwort des Politikers: „Wir werden auf jeden Fall vorangekommen sein. Der Fortschritt kommt in kleinen Schritten, aber er kommt.“ (MB.)